I

Verzweifelt sah Severus Snape auf den See hinab. Er ließ seinen Blick über das Blaugrün huschen und nahm wahr, dass sich die Strahlen der frühlingshaften Sonne wie Tausende kleine Schiffchen auf ihm ergingen. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als in eines dieser geschäftig umherwippenden Schiffchen steigen zu können, um sich von ihm treiben zu lassen. Doch wusste er, dass es ihm nicht gelingen würde. Nicht nach dem, was geschehen war.

Als kleiner Junge hatte er es vermocht. Kaum in Hogwarts angekommen, hatte er die Umgebung erkundet und dieses, kaum zugängliche, da von Farnen und Schilf umwachsene Fleckchen am See für sich ausersehen. Es war ihm ein Bedürfnis gewesen, immer wieder hierher zu kommen. Nicht, um seine innere Leere mit Eindrücken aus der Natur zu füllen, sondern, um Reisen zu unternehmen. Wahrhaftige und echte Traumreisen in fremde Länder, ferne Zeiten. Dass ihn nicht allein die Phantasie trieb, er sich nicht nur seinen kindlichen Spinnereien ergab, sondern tatsächlich reiste, wurde ihm allerdings erst bewusst, als er sich eines Abends recht spät an einem Baume kauernd wiederfand und in seiner Hand ein Buch hielt, das er nie zuvor gesehen hatte. Ja, er war sich sogar sicher, dass es dieses Buch noch nicht einmal in der Bibliothek von Hogwarts gab. Und die Sache verwirrte ihn noch mehr. Denn schlug er das Buch auf, empfingen ihn Schriftzeichen, die er weder lesen noch verstehen konnte. Doch bei ihrem Anblick war es ihm so, als griffen sie nach ihm – mit Händen, die er nicht sehen, nur spüren konnte.

Es war ein in Leder gebundenes Buch, dick und abgegriffen. Er fragte sich, woher es käme und wem es gehöre. Vielleicht war es ja sogar verzaubert. Und wenn schon! Wann immer er in ihm las, spürte er Seltsames in sich. Da regte sich etwas, das weit über seine eigene kleine Zauberwelt hinausreichte. Bald war ihm so, als trügen die Buchstaben Bilder in sich, die nur darauf warteten, vor seinem geistigen Auge wie Erinnerungen erstehen zu können.