Kapitel 1: gezwungene Nachhilfe (Hermines Sicht)

„Miss Granger, ein Moment bitte."

Hermines Schritte verharrten auf den kühlen Steinfliesen des Korridors. Sie hatte den Unterrichtsraum von Zaubertränke gerade verlassen, ihr Blick bereits auf das Buch in ihren Armen gesenkt, als Snapes Stimme sie einholte – schneidend wie immer.

Sie drehte sich um. „Ja, Professor?"

Snape trat näher, seine schwarzen Augen unverändert kühl. „Der Schulleiter und ich haben beschlossen, dass Ihre Talente nicht länger ausschließlich Ihnen zugutekommen sollten."

Hermine runzelte die Stirn. Das klang… unangenehm. „Wie meinen Sie das?"

„Sie werden ab sofort einem Ihrer Mitschüler Nachhilfe in Zaubertränke geben. Zweimal die Woche. Im Klassenzimmer, unter Aufsicht."

Sie öffnete den Mund, um zu protestieren – und schloss ihn wieder. Irgendetwas sagte ihr, dass sie keine Wahl hatte. „Wem genau soll ich helfen?"

Snape hob die Augenbraue, als würde er den Moment genießen. „Draco Malfoy."

Stille.

Hermine spürte, wie ihr Herz einen Schlag aussetzte. „Malfoy?"

„Haben Sie ein Problem damit, Miss Granger?" Seine Stimme klang ruhig, doch Hermine kannte die Drohung, die in seinen Worten lag.

„Nein, Professor." Ihre Stimme war fest, wenn auch mit Mühe. „Natürlich nicht."

„Gut. Morgen nach dem Unterricht. Seien Sie pünktlich."

Als sie sich umdrehte und mit schnellen Schritten den Gang hinunterlief, war ihr Blick leer auf die Steinwände gerichtet. Draco Malfoy. Ausgerechnet er.

Sie konnte sich kaum jemanden vorstellen, mit dem sie weniger Zeit verbringen wollte.

Und doch nagte da etwas in ihrem Hinterkopf. Eine leise, unangenehme Neugier. Was hatte ihn überhaupt so weit gebracht, dass er Hilfe brauchte?

(Dracos Sicht)

„Malfoy. Noch einen Moment."

Draco zuckte zusammen, als Snapes Stimme ihn zurückhielt. Der Unterricht war vorbei, seine Tasche bereits geschultert. Er drehte sich langsam um, bemüht, den Ausdruck von Langeweile beizubehalten, den er sich in den letzten Monaten so mühsam antrainiert hatte.

„Ja, Professor?"

Snape musterte ihn einen Moment lang schweigend. Dann sagte er mit leiser Stimme: „Du wirst Nachhilfe bekommen."

Draco blinzelte. „Wie bitte?"

„In Zaubertränke. Deine Leistungen sind unzureichend. Das wird sich ändern."

Hitze schoss ihm ins Gesicht – Wut, Scham, Trotz. „Ich brauche keine Nachhilfe."

„Und doch wirst du sie erhalten."

Dracos Kiefer verkrampfte sich. Er hasste es, wenn man ihm Vorschriften machte. Wenn jemand so tat, als wäre er schwach. Und ausgerechnet jetzt, wo er andere Sorgen hatte… Wichtigere Sorgen.

„Wer soll mir denn bitte was beibringen?" fragte er bissig. „Crabbe? Goyle?"

Snape zog eine Augenbraue hoch. „Hermine Granger."

Draco starrte ihn an.

„Sie wird dich zweimal die Woche unterrichten. Hier. Nach dem Unterricht."

Ein bitteres Lachen entkam ihm. „Granger? Die kleine Miss-Ich-weiß-alles? Ist das Ihr Ernst?"

„Vollkommen."

Draco spürte, wie sein Magen sich verkrampfte. Die Aussicht, mit Hermine Granger in einem Raum zu sitzen – allein – war… unangenehm. Und gleichzeitig… herausfordernd.

„Wollen Sie, dass ich wahnsinnig werde?" murmelte er.

Snape sah ihn nur kalt an. „Ich will, dass du deinen Abschluss bestehst. Und dafür wirst du mit ihr zusammenarbeiten. Ob es dir passt oder nicht."

Draco sagte nichts mehr. Er nickte nur steif, drehte sich um und marschierte davon, die Schultern angespannt.

Granger, dachte er bitter. Brillant. Einfach brillant.

Aber ein winziger Teil von ihm – ein Teil, den er nicht benennen wollte – war neugierig. Und das machte ihn wütender als alles andere.

Kapitel 2 (Hermines Sicht) : Unfreiwillige Offenbarungen

„Ernsthaft, Hermine? Sag bitte, dass du das nicht ernst meinst."

Ron starrte sie an, als hätte sie gerade gesagt, sie würde einen Drachen heiraten. Harry wirkte nicht weniger schockiert, sein Löffel schwebte halb voll in der Luft über seiner Schüssel Cornflakes.

Hermine verdrehte die Augen und seufzte. „Ich meine es ernst. Professor Snape hat es mir heute nach dem Unterricht mitgeteilt. Ich habe keine Wahl."

„Aber Malfoy?" Ron ließ den Löffel auf den Tisch fallen. „Der Typ ist der Inbegriff von 'unbelehrbar'. Du wirst nach fünf Minuten mit ihm explodieren."

„Ich werde mich zusammenreißen", sagte Hermine entschieden, auch wenn sie selbst nicht ganz überzeugt klang. „Er braucht Hilfe. Und wenn ich ihm helfen kann, dann—"

„Dann was? Dann wird er plötzlich ein besserer Mensch?" unterbrach Harry trocken.

„Ich sage nicht, dass er sich ändert. Aber... vielleicht verstehe ich dann besser, was mit ihm los ist. Habt ihr mal gesehen, wie blass er aussieht in letzter Zeit? Und er war nicht mal mehr wirklich gehässig heute. Fast... still."

Ron schnaubte. „Still wie eine Schlange vor dem Biss."

Hermine verschränkte die Arme. „Ich mache das nicht aus Spaß. Aber ich werde professionell bleiben. Ihr müsst euch keine Sorgen machen."

Ron sah aus, als hätte er sehr wohl vor, sich Sorgen zu machen. Harry schwieg – doch seine Stirn blieb in Falten gelegt, während er sie nachdenklich musterte.

Kapitel 2 (Dracos Sicht) : Heimlichkeiten

Draco schloss die Tür hinter sich und blickte sich in dem fast leeren Slytherin-Gemeinschaftsraum um. Nur Blaise Zabini saß noch da, vertieft in ein Buch, das ganz sicher nichts mit Schulstoff zu tun hatte.

„Alles klar bei dir?" fragte Blaise ohne aufzusehen.

„Was soll nicht klar sein?" knurrte Draco und ließ sich in einen Sessel fallen.

„Du wirkst... genervt. Noch mehr als sonst."

Draco sagte nichts. Das Letzte, was er wollte, war, dass jemand davon erfuhr. Schon der Gedanke, dass sich die anderen über ihn lustig machen würden – Malfoy braucht Nachhilfe – und dann auch noch von der Granger, ließ ihn innerlich kochen.

„Morgen bin ich beschäftigt", sagte er stattdessen beiläufig. „Hab was für Snape zu erledigen."

„Was denn?"

„Nichts, das dich betrifft." Seine Stimme war schärfer als nötig.

Blaise hob die Augenbraue, sagte aber nichts weiter. Draco ließ sich tiefer in den Sessel sinken und starrte an die Decke. Es war demütigend genug, dass er Hilfe brauchte. Aber dass es ausgerechnet Granger war – die klügste, nervigste und rechthaberischste Hexe des Jahrgangs – war fast nicht zu ertragen.

Kapitel 3: Eisige Atmosphäre (Hermines Sicht)

Der Zaubertränkeraum war leer, bis auf den kühlen Geruch nach getrockneten Kräutern und das leise Tropfen aus einem undichten Rohr in der Ecke. Hermine saß bereits an einem der Tische, ihre Bücher ordentlich gestapelt, ein paar Pergamentrollen und eine Feder bereit.

Pünktlich. Natürlich.

Die Tür öffnete sich mit einem leisen Quietschen – und Draco Malfoy trat ein, die Hände tief in den Taschen seines Umhangs vergraben, der Blick kühl und abweisend wie immer.

„Na großartig," murmelte er, während er sich auf den Stuhl gegenüber sinken ließ, als würde man ihn zur Folter zwingen. „Gibt's auch Kekse zum Unterricht oder bist du nur hier, um mit deinem perfekten Wissen anzugeben?"

Hermine atmete tief durch. Ruhe bewahren, sagte sie sich. Nicht provozieren lassen.

„Ich bin hier, weil ich dir helfen soll. Wenn du nicht willst, dass das funktioniert, kannst du ja gerne durchfallen. Oder willst du das vielleicht sogar?"

Draco lehnte sich zurück und sah sie abschätzig an. „Mach dir keine Hoffnungen, Granger. Ich bin nicht hier, um mich von dir retten zu lassen."

Sie hob eine Augenbraue. „Dann streng dich eben an. Hier." Sie schob ihm ein Pergament zu. „Die Grundlagen der Gegengift-Zusammensetzung. Offenbar hast du da einige Lücken."

„Was für ein Schock, dass du das beurteilst, ohne überhaupt gefragt worden zu sein."

Sie seufzte. Das wird ein langer Nachmittag.

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Kapitel 3 (Dracos Sicht):

Draco war sich ziemlich sicher, dass der Raum heute kälter war als sonst. Oder lag das an ihr?

Granger saß da, perfekt aufrecht, mit diesem Ausdruck im Gesicht, den sie immer hatte, wenn sie dachte, sie sei schlauer als der Rest der Welt. Und verdammt, meistens hatte sie damit auch noch recht.

„Ich bin hier, weil ich dir helfen soll," sagte sie, als wäre sie eine Professorin.

Weil du helfen willst? Oder weil du dich dann noch heiliger fühlen kannst? dachte er bitter.

„Wenn du nicht willst, dass das funktioniert, kannst du ja gerne durchfallen."

Er verzog den Mund zu einem falschen Lächeln. „Wie nobel von dir. Möchtest du vielleicht auch meine Hausaufgaben schreiben? Oder mir einen Gute-Nacht-Zauber vorsingen?"

Sie schob ihm ein Pergament zu. Draco sah es sich nicht an. Stattdessen musterte er sie. Ihre Haare waren wie immer wild, ihre Stirn leicht gerunzelt vor Konzentration – oder Frustration, vermutlich wegen ihm.

„Du kannst dir deinen Ton übrigens sparen", sagte sie kühl. „Ich bin nicht hier, um dich zu bemuttern."

„Beruhig dich, Granger. Ich bin schon ganz gerührt von deiner aufopferungsvollen Mission." Er beugte sich schließlich vor und überflog das Pergament. „Du schreibst wirklich wie eine alte Jungfer."

Sie funkelte ihn an. Treffer.

Und trotzdem… irgendetwas an ihrer Reaktion gefiel ihm. Dieses Feuer in ihren Augen. Es war besser als das Mitleid in Snapes Blick oder das ständige Herumgeschleiche zuhause.

Vielleicht... würde das hier gar nicht so langweilig werden.

Kapitel 4: Zwischen den Zeilen (Hermines Sicht)

Das vierte Treffen verlief nicht besser als die vorherigen.

Draco war spät. Wieder. Und als er schließlich erschien, schleuderte er seine Tasche auf den Tisch, ließ sich in den Stuhl fallen und sagte: „Fangen wir an, Professorin Granger."

Hermine hatte längst aufgehört, auf seine Kommentare zu reagieren. Stattdessen öffnete sie ihr Buch und schob ihm eine Liste mit Zutaten zu. „Erklär mir, welche drei bei der Herstellung von Veritaserum zwingend notwendig sind – und warum."

„Muss ich das laut sagen oder reicht's, wenn ich's denke?" fragte er spöttisch.

Sie schüttelte den Kopf. Unmöglich. Und doch… manchmal, in den Sekunden, in denen er glaubte, sie sehe es nicht, war da etwas in seinem Blick. Er wirkte erschöpft. Auf eine Weise, die selbst sie nicht ignorieren konnte.

Als er sich kurz entfernte – „Ich hol mein anderes Buch aus der Tasche" – ließ er sie für einen Moment allein am Tisch zurück.

Hermine warf einen Blick zur Seite. Neben seiner Tasche lagen ein paar lose Pergamentseiten. Unordentlich, wie immer, dachte sie – doch ein Wort auf einem der Briefe ließ sie innehalten.

„Vollmondnacht – kein Zeuge – obere Astronomietürme – Dumbledore."

Sie blinzelte. Ihr Herz begann schneller zu schlagen.

Sie beugte sich vor, zog die Pergamentrolle ein kleines Stück weiter aus der Tasche.

Draco. Diese Aufgabe ist entscheidend für deine Loyalität. Der Dunkle Lord erwartet, dass du dein Ziel ausführst – ohne Hilfe. Enttäusch uns nicht. Dein Vater.

Kalte Schockwellen durchfuhren sie. Ihr Blick huschte zur Tür – Draco war noch nicht zurück. Was zum Teufel ist das?

Sie schob die Pergamente hastig zurück, gerade rechtzeitig, als Draco wieder hereinkam, das alte Zaubertränkebuch in der Hand.

„Was verpasst?" fragte er gelangweilt.

„Nichts." Ihre Stimme war flach. Absolut nichts. Außer vielleicht, dass du ein Mörder werden sollst.

Aber innerlich bebte sie.

Kapitel 4 (Dracos Sicht):

Draco wusste, dass etwas nicht stimmte, kaum dass er den Raum wieder betrat.

Granger saß da, wie immer aufrecht, der Blick auf ihre Aufzeichnungen gerichtet – doch ihre Finger umklammerten die Feder zu fest, und sie sah ihn nicht sofort an, als er sich näherte.

Hat sie was gelesen?

Sein Magen zog sich zusammen. Er hatte die Briefe eigentlich tief in seiner Tasche verstaut. Doch der eine – der mit Vaters Handschrift – war am Morgen verrutscht. Und in der Eile hatte er ihn einfach zurückgesteckt, ohne zu prüfen, wie sichtbar er war.

„Was verpasst?" fragte er so beiläufig wie möglich, während sein Puls in den Ohren rauschte.

„Nichts." Ihr Ton war seltsam. Nicht aggressiv, nicht spöttisch – sondern vorsichtig.

Verdammt.

Draco setzte sich, zog sein Buch auf und zwang sich zur Ruhe. Vielleicht hat sie nichts gelesen. Vielleicht hat sie es übersehen.

Doch irgendetwas in ihrem Blick sagte ihm: Sie weiß es. Oder zumindest ahnt sie etwas.

Und das bedeutete, dass alles noch komplizierter werden würde.

Kapitel 5: Ungesagte Wahrheiten (Hermines Sicht)

Die Wärme des Gryffindor-Gemeinschaftsraums fühlte sich heute nicht beruhigend an. Der Kamin knisterte leise, Studenten lachten, diskutierten Hausaufgaben, und doch war alles in Hermines Kopf nur ein wirres Rauschen.

Sie saß auf dem Sofa, zusammengerollt mit einem Buch auf dem Schoß, das sie seit zehn Minuten nicht mehr umgeblättert hatte.

„Okay, was ist los?" fragte Harry schließlich. Er hatte sie nun zum dritten Mal angesprochen, ohne eine Antwort zu bekommen.

Ron sah ebenfalls von seinem Schachspiel auf. „Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen. War's Malfoy? Hat er dir irgendwas gesagt?"

Hermine zuckte leicht zusammen. Malfoy.

„Nein… ich bin einfach nur müde", sagte sie leise, ohne aufzusehen. „Es war… ein anstrengender Tag."

„Was hat er getan?" fragte Harry, seine Stimme schärfer. „Hermine, wenn er dich irgendwie—"

„Er hat nichts getan!" fuhr sie dazwischen, etwas zu schnell, etwas zu laut.

Stille. Ron und Harry tauschten einen Blick.

„Du verteidigst ihn?" fragte Ron misstrauisch.

Hermine schloss die Augen. Ich verteidige ihn nicht. Ich versuche nur rauszufinden, was ich tun soll…

„Ich bin einfach nur überarbeitet, okay?" Ihre Stimme war weicher. „Ich will heute einfach meine Ruhe."

Die Jungs gaben schließlich nach – widerwillig –, doch Hermine konnte die Blicke auf sich spüren. Misstrauen. Sorge.

Und in ihrem Inneren tobte ein Sturm.

Kapitel 5 (Dracos Sicht):

Draco saß allein auf dem alten, grünen Sofa in der dunkelsten Ecke des Slytherin-Gemeinschaftsraums. Seine Fingerspitzen trommelten nervös auf die Armlehne, während sein Blick über die Pergamentrolle in seinem Schoß glitt – ohne auch nur ein Wort wirklich zu lesen.

Hat sie den Brief gesehen?

Wie viel?

Die Szene von vorhin ging ihm nicht aus dem Kopf. Ihr Blick, als er den Raum wieder betreten hatte – kühl, beobachtend, irgendwie... wissend. Nicht der übliche genervte Granger-Blick. Nein, das hier war anders gewesen.

Wenn sie den Brief gelesen hatte... dann war alles vorbei.

Ein Schatten fiel über ihn. „Du bist heute ungewöhnlich still", bemerkte Blaise lässig und ließ sich auf einen Sessel neben ihn fallen. „Lass mich raten – Stress wegen deines kleinen Spezialprojekts mit Snape?"

Draco versteifte sich. „Was redest du da?"

Blaise zuckte die Schultern. „Du bist ständig unterwegs, immer nach dem Unterricht. Snape lässt dich öfter zu sich rufen. Ich beobachte nur."

Draco zwang sich zur Ruhe, zu einem angedeuteten Lächeln. „Geheimmission im Auftrag der Hauspunkte-Vermehrung. Du solltest dich auch mal nützlich machen."

Blaise grinste. „Klingt verdächtig unelegant für dich."

„Tja, ich bin vielseitiger, als ich aussehe."

Als Blaise sich schließlich wieder seinem Buch widmete, atmete Draco leise aus. Er durfte nicht auffliegen. Noch nicht.

Und vor allem durfte sie niemandem etwas sagen.

Granger, dachte er düster. Wenn du es jemandem erzählst… bist du genauso dran wie ich.

Kapitel 6: Schwelender Verdacht (Harrys Sicht)

Harry konnte den Gedanken nicht abschütteln. Seit Tagen schon beobachtete er Hermine, wie sie nach den Nachhilfestunden zurückkam – angespannt, schweigsam, mit diesem Ausdruck, als würde sie einen Albtraum mit sich herumtragen.

Und sie redete nicht darüber. Nicht mit ihm, nicht mit Ron.

Das allein war schon verdächtig genug.

„Irgendwas stimmt nicht", murmelte er, als sie an diesem Abend erneut ins Mädchenzimmer verschwand, ohne mehr als ein leises „Gute Nacht" zu sagen.

Ron gähnte. „Wahrscheinlich hat Malfoy einfach die Nerven, sie in den Wahnsinn zu treiben. Ich mein, das reicht doch schon als Grund, schlecht drauf zu sein."

Aber Harry schüttelte den Kopf. „Es ist mehr als das. Ich hab sie selten so... unsicher gesehen. Und Malfoy verhält sich auch seltsam. Verschwindet ständig, redet mit niemandem."

Ron hob eine Braue. „Was willst du machen? Ihm nachspionieren?"

Harry antwortete nicht.

Denn genau das hatte er bereits vor.

Kapitel 7: Zwischen Schweigen (Hermines Sicht)

Der Zaubertränkeraum war heute kälter als sonst. Oder war es nur ihre eigene Unsicherheit, die sie so frösteln ließ?

Hermine saß da, das Buch vor sich aufgeschlagen, der Pergamentbogen unbeschrieben. Draco war pünktlich gekommen – zum ersten Mal. Doch er hatte sich wortlos auf seinen Platz gesetzt, die Augen auf seinen Tisch gerichtet, als würde er sie nicht sehen.

Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. Hat er Angst, dass ich es jemandem gesagt habe? Oder weiß er, dass ich noch nicht sicher bin, was ich tun soll?

Stille füllte den Raum. Nur das leise Kratzen einer Feder, als sie begann, die Zutatenliste aufzuschreiben. Kein Spott von ihm. Kein Kommentar.

Und genau das war das Beunruhigendste daran.

„Hier," sagte sie schließlich und schob ihm die Liste rüber. Ihre Stimme klang fremd in der Stille.

Draco nickte knapp, ohne sie anzusehen. Keine bissige Antwort. Kein Grinsen.

Und in ihrem Inneren spürte sie ein seltsames Ziehen – Unsicherheit. Wut. Und Mitleid.

Aber sie sagte nichts mehr.

Kapitel 7(Dracos Sicht):

Sie weiß es.

Draco war sich fast sicher. Nicht weil sie es gesagt hatte – sie hatte kein Wort verloren. Aber das Schweigen zwischen ihnen war schwerer als alles, was sie je gesagt hatten.

Er hatte erwartet, dass sie ihn konfrontieren würde. Dass sie ihn anklagen würde, ihm mit Dumbledore drohen oder ihn mit Blicken durchbohren würde. Doch stattdessen herrschte… Stille.

Kühle, seltsame Stille.

Er spürte, wie sie ihn manchmal ansah. Kurz, vorsichtig. Und dann schnell wieder wegsah.

Vielleicht wartet sie. Vielleicht sammelt sie Beweise. Oder… vielleicht weiß sie selbst nicht, was sie glauben soll.

Als sie ihm die Zutatenliste zuschob, mied er absichtlich ihren Blick. Er wollte nicht sehen, was in ihren Augen stand.

Verachtung? Angst?

Oder schlimmer: Mitleid.

Also sagte er nichts. Kein Spott, keine Fassade. Nur Schweigen.

Und eine Angst in seinem Magen, die langsam zur Gewissheit wurde:

Das hier wird nicht gut enden.

Kapitel 8: Der Zorn des Auserwählten (Harrys Sicht)

Harry hatte genug.

Hermine war nicht mehr sie selbst, Malfoy schlich durchs Schloss wie ein Schatten mit Geheimnissen, und alles in ihm schrie danach, endlich Gewissheit zu haben.

Also wartete er. Nicht vor dem Gemeinschaftsraum, nicht am Unterricht – sondern im dritten Stock, auf dem Flur, den Malfoy in letzter Zeit verdächtig oft benutzte. Und tatsächlich: kurz nach dem Abendessen hörte er die Schritte.

„Malfoy!" rief Harry, bevor er darüber nachdenken konnte.

Draco blieb stehen. Langsam. Drehte sich um. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war... gelangweilt.

„Potter. Wie schön. Ich hatte schon Sorge, du wärst mir endgültig entwachsen."

Harry trat näher, das Herz hämmernd. „Was hast du mit Hermine gemacht?"

Ein kurzes Zucken um Dracos Mundwinkel. „Oh, du meinst Granger? Ich wusste gar nicht, dass du Besitzansprüche anmeldest."

„Halt den Mund," fauchte Harry. „Sie ist völlig durcheinander, seit sie mit dir diese Nachhilfestunden hat. Was steckst du im Schilde?"

Draco verschränkte die Arme. „Vielleicht versuche ich einfach nur, endlich einen brauchbaren Zaubertrank zu brauen. Hast du darüber mal nachgedacht? Nein, natürlich nicht. Der große Harry Potter braucht ja immer eine große Verschwörung."

Harry ballte die Fäuste. „Ich weiß, dass du etwas planst. Und wenn du Hermine irgendetwas angetan hast, dann—"

„Dann was?" unterbrach Draco leise. „Wirst du mich heldenhaft verkloppen? Mit einem deiner moralisch überlegenen Zauberflüche? Oder willst du lieber ein weiteres Duell provozieren wie in der zweiten Klasse?"

Harry trat noch näher heran, bis sie fast Stirn an Stirn standen. „Ich beobachte dich, Malfoy. Und beim nächsten Schritt, den du machst – ich werde da sein."

Draco sah ihn an. Für einen winzigen Moment flackerte etwas in seinem Blick. Dann war es wieder verschwunden.

„Na, da kann ich ja heute Nacht ruhig schlafen."

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Kapitel 8 (Dracos Sicht):

Verdammt.

Draco hatte den Schritt gehört, bevor der Name fiel. Malfoy! – scharf, zornig, unausweichlich. Und er wusste, dass das jetzt kommt. Die Konfrontation, die er eigentlich hatte vermeiden wollen.

Er drehte sich langsam um, ließ das vertraute, arrogante Grinsen über sein Gesicht gleiten – wie eine Rüstung.

„Potter. Wie schön."

Als Harry ihn beschuldigte, etwas mit Granger gemacht zu haben, zuckte es in seinem Inneren. Nicht vor Angst – sondern weil das genau das war, was er erwartet hatte.

Natürlich denkt er, ich hätte ihr wehgetan.

Also spielte er die Rolle perfekt. Sarkastisch. Kaltherzig. Unnahbar.

„Vielleicht versuche ich einfach nur, endlich einen brauchbaren Zaubertrank zu brauen", sagte er mit falscher Leichtigkeit. Innerlich arbeitete sein Kopf fieberhaft: Weiß er es? Hat sie ihm was gesagt?

Er sah den Zorn in Potters Augen, das misstrauische Zittern in seinen Händen. Draco blieb still, ruhig – bis zur letzten Drohung.

Ich beobachte dich.

Ein Moment lang war da ein Flackern in ihm. Nicht Angst. Etwas anderes. Vielleicht… Bedauern?

Aber er erstickte es sofort.

„Na, da kann ich ja heute Nacht ruhig schlafen", sagte er kühl – und drehte sich um, bevor sein Gesicht etwas anderes verriet.

Kapitel 9: Zwischen zwei Feuern (Hermines Sicht)

Hermine hatte gehofft, dass sich die Situation irgendwie beruhigen würde. Dass Harry vielleicht zur Vernunft kommen, dass Draco aufhören würde, sich wie ein arroganter Idiot zu verhalten, dass… irgendetwas einfach leichter werden würde.

Aber als sie die Stimmen hörte – laut, wütend, im zweiten Stock, nahe der Bibliothek – wusste sie sofort, was los war.

Sie rannte los.

„Du krankes Schwein!" hörte sie Harry schreien.

Als sie um die Ecke bog, sah sie ihn: mit dem Zauberstab in der Hand, die Augen voller Zorn, auf Draco gerichtet, der ihn nur mit einem höhnischen Grinsen ansah – die Hände in den Taschen.

„Hör auf, Harry!" rief sie, während sie sich dazwischenwarf.

„Geh zur Seite, Hermine! Du weißt nicht, was er getan hat!"

Sie wirbelte herum. „Doch, Harry. Ich weiß genau, was er getan hat – nämlich gar nichts!"

Harry blinzelte. „Was? Aber… du warst so komisch… ich dachte, er hätte dich…"

„Er hat mich nicht angefasst", sagte sie fest. Ihre Stimme bebte, aber sie zwang sich zur Ruhe. „Und ich kann verdammt gut selbst entscheiden, wann ich in Gefahr bin."

Harrys Blick zuckte zwischen ihr und Draco hin und her. Er sah verwirrt aus. Wütend. Und… verletzt.

„Also willst du ihn verteidigen? Malfoy?"

Hermine seufzte. „Ich verteidige die Wahrheit, Harry. Und die ist: du liegst falsch."

Sie sah aus dem Augenwinkel, wie Draco den Blick abwandte – sein Gesicht schwer zu deuten. Für einen Moment war da Stille.

Und Hermine fühlte sich, als würde sie in einem Strudel stehen, der sie langsam nach unten zog.

Kapitel 9 (Dracos Sicht):

Draco wusste, es war nur eine Frage der Zeit.

Potter war ein schlechter Lügner – und noch schlechter im Verbergen seiner Absichten. Als er ihn wieder auffing, allein auf dem Korridor, wusste Draco sofort: Er hat sich da was zusammengereimt. Etwas Dummes.

„Was willst du, Potter?" hatte er spöttisch gefragt. „Oder brauchst du einen weiteren Grund, mich anzuschreien, damit du dich besser fühlst?"

Dann kam der Schlag.

Kein körperlicher – ein verbaler. Hart. Laut. „Was hast du mit ihr gemacht?"

Draco hatte das Lächeln aufgesetzt, das er so oft benutzte, wenn er innerlich die Kontrolle verlor. „Tut mir leid, ich konnte mich nicht zurückhalten. Diese unbezwingbare Anziehungskraft von Bücherwürmern…"

Aber Potter war nicht zum Spielen aufgelegt. Der Zauberstab war schon gezückt, das Gesicht knallrot vor Wut.

Und dann kam sie.

Sie stellte sich zwischen sie – gerade, fest, mutiger als jeder Auror.

Draco spürte, wie sich etwas in seiner Brust zusammenzog, als sie sagte: „Er hat mich nicht angefasst."

Er wollte wegsehen. Weghören. Aber ihre Stimme schnitt durch den Nebel in seinem Kopf wie ein scharfes Messer.

Potter sah ihn an, als würde er ihn zerreißen wollen. Doch Draco sagte nichts. Konnte nichts sagen. Nicht, während sie ihn so verteidigte.

Und für den Bruchteil eines Moments wusste er nicht mehr, wer er war. Der, der den Auftrag hatte, zu töten. Oder der Junge, der da stand, völlig überfordert mit dem Gefühl, dass sie ihm gerade geglaubt hatte.

Kapitel 10: Zwischen Wahrheit und Abgrund (Hermines Sicht)

Hermine wusste, dass heute etwas passieren musste.

Seit Tagen trug sie das Gewicht des Briefes in sich – wie eine tickende Zeitbombe. Und obwohl sie wusste, dass sie ihn längst hätte jemandem zeigen sollen… hatte sie gewartet. Auf ein Zeichen. Auf eine Wahrheit, die nicht nur auf Pergament stand.

Draco wirkte anders, als er den Raum betrat. Nicht hochnäsig. Nicht überlegen. Sondern... müde. Und vielleicht sogar ehrlich.

Er sagte zuerst nichts. Doch irgendwann legte er die Feder aus der Hand, blickte auf das Holz des Tisches – nicht auf sie – und murmelte: „Ich weiß, dass du's gelesen hast."

Sie hielt den Atem an.

Er sah sie kurz an, und sein Blick war so klar und verletzlich, dass sie für einen Moment vergaß, zu atmen.

„Es ist wahr," sagte er. „Der Plan. Dumbledore. Ich soll ihn… töten."

Die Worte fielen schwer in den Raum. Wie ein Fluch. Hermine fühlte, wie sich ihr Magen zusammenzog.

Draco fuhr fort, leise, fast gequält: „Es ist nicht… Ich wollte das nicht. Ich will das nicht. Aber mein Vater… der Dunkle Lord… ich habe keine Wahl."

Und dann – noch bevor sie etwas sagen konnte –

knallte die Tür auf.

„Was hast du gerade gesagt?!"

Harrys Stimme war schneidend. Er stand in der Tür, die Augen voller Entsetzen und Wut, Ron dicht hinter ihm, bereits mit der Hand am Zauberstab.

Hermines Herz schlug wild. Nein. Nicht jetzt. Nicht so.

„Harry, warte—"

„Du hast ihn gehört, Hermine! Er will Dumbledore töten!"

„Nein! Es ist nicht—"

Aber niemand hörte ihr mehr zu.

Und Draco… sah plötzlich wieder aus wie der Junge, der nichts fühlte. Der Junge mit Maske.

Und sie wusste: Es war alles wieder kaputt.

Kapitel 10 (Dracos Sicht)

Er hatte es gesagt.

Zum ersten Mal laut.

Die Worte brannten auf seiner Zunge, so lange zurückgehalten, so tief vergraben, dass sie sich fremd anfühlten. Aber er hatte es gesagt. Weil sie es wusste. Weil sie ihn nicht verraten hatte. Weil sie… vielleicht sehen musste, wer er wirklich war.

„Ich soll ihn töten", sagte er. Und mit jedem Wort spürte er, wie sich die Fassade in ihm weiter auflöste. „Aber ich will das nicht. Ich wollte das nie."

Sein Blick ruhte auf ihren Händen, die regungslos im Schoß lagen, so ruhig – während seine Welt in sich zusammenfiel.

Bitte sag was.

Etwas, das ihn nicht zerreißt. Etwas, das ihn nicht endgültig verurteilt.

Aber bevor sie antworten konnte, kam das Geräusch, das alles beendete.

Die Tür.

„Was hast du gerade gesagt?!"

Potter. Natürlich Potter.

Draco zuckte nicht einmal zusammen, als er auftauchte, wild vor Wut. Und Weasley wie ein Sturm hinter ihm.

„Du willst Dumbledore umbringen? Du?!" rief Ron, als hätte er gerade einen Mörder auf frischer Tat ertappt.

„Es ist nicht das, was ihr denkt", sagte Hermine schnell. Ihre Stimme war dringend, panisch fast.

Aber es war zu spät.

Draco spürte, wie sich der kalte Schutzschild wieder um ihn legte. Die Maske. Das Lächeln.

Zurück in den Krieg. Zurück in die Rolle.

Er stand langsam auf, ließ seinen Blick zwischen den dreien wandern – und sagte nichts.

Denn was hätte er jetzt noch sagen sollen?

Kapitel 11: Ein Moment zu viel (Hermines Sicht)

„Was soll das hier?!"

Snapes Stimme durchbrach die aufgeheizte Luft wie ein Messer.

Die Tür war noch nicht ganz zugefallen, da stand er schon da, mit wehenden Roben und schneidendem Blick.

Harry und Ron erstarrten.

„Potter. Weasley. Miss Granger. Malfoy. Ich erwarte eine Erklärung – jetzt."

Keiner sprach. Für einen Moment war nur das Ticken der alten Uhr im Raum zu hören.

„Niemand? Wie überraschend." Snapes Stimme war bitter wie kalter Stahl. „Dann werde ich jetzt nicht weiter nachfragen. Aber ich erwarte, dass ihr alle vier in eure Gemeinschaftsräume zurückkehrt. Sofort."

„Aber Professor—" Harrys Stimme war noch voller Wut.

„Sofort, Potter."

Widerwillig ließ Harry den Zauberstab sinken. Ron folgte ihm wortlos, der Blick voller brodelnder Fragen.

Hermine drehte sich noch einmal um, sah Draco an – sein Gesicht war leer, aber seine Augen… waren voller Panik.

Er glaubt, das war's jetzt.

Aber sie wusste, dass es das noch nicht war.

Kapitel 12: Zwei gegen eine Wahrheit (Hermines Sicht)

„Wir müssen es Dumbledore sagen", sagte Harry am nächsten Morgen leise in der Ecke der Bibliothek. „Du hast es gehört, Hermine. Er hat es gesagt. Er soll Dumbledore töten!"

Ron nickte zustimmend. „Wenn wir das jetzt nicht melden, machen wir uns mitschuldig."

Hermine schüttelte den Kopf. „Nein. Bitte. Hört mir zu."

Sie beugte sich vor, ihre Stimme dringlich.

„Ich glaube… ich glaube, er wird dazu gezwungen. Ich habe sein Gesicht gesehen, Harry. Das war keine Prahlerei. Das war Angst."

„Angst, dass er erwischt wird, vielleicht!", fauchte Ron.

„Nein. Angst davor, es wirklich tun zu müssen. Angst davor, dass er keine Wahl hat."

Harry sah sie an, lange. „Und was schlägst du vor? Dass wir warten? Und hoffen, dass er sich umentscheidet, während Dumbledore stirbt?"

„Ich schlage vor, dass wir versuchen zu verstehen, bevor wir ihn ans Messer liefern", sagte sie fest. „Noch heute. Ich rede mit ihm. Ich finde raus, wie weit es schon gegangen ist."

Ein langes Schweigen.

Dann nickte Harry – zögernd. „Einen Tag."

Ron sah alles andere als überzeugt aus. Aber auch er sagte nichts mehr.

Kapitel 13 Ende in Sicht (Dracos Sicht)

Draco lief schweigend durch die Korridore zurück in den Slytherin-Gemeinschaftsraum. Jeder Schritt hallte in seinem Kopf wie ein Urteilsspruch.

Das war's. Sie wissen es. Potter, Weasley… und Granger sowieso.

Er hatte es gesagt. Nicht einmal leugnen konnte er es mehr.

Dumbledore. Töten.

Das Wort brannte in seinen Gedanken. Er hatte gehofft, er könnte es geheim halten. Irgendwie. Aber jetzt… war es vorbei.

Er betrat den Gemeinschaftsraum, ohne jemanden anzusehen. Pansy sagte irgendetwas, aber er hörte es nicht. Blaise fragte, ob alles okay sei, und Draco ging einfach weiter.

Er war nicht mehr okay. Schon lange nicht mehr.

Er ließ sich auf sein Bett fallen, die Vorhänge zugezogen, und starrte an die Decke.

Vielleicht sollte ich es einfach tun. Es beenden. Schnell. Bevor es jemand anderes tut.

Doch selbst dieser Gedanke… fühlte sich leer an.

Kapitel 14: Zerbrechlich (Hermines Sicht)

Der Weg zu den Kerkern war dunkel und still, als Hermine die letzte Treppenstufe hinunterging. Jeder Schritt hallte wie ein Herzschlag gegen das uralte Steinmauerwerk. Sie wusste, dass sie mit dem Feuer spielte. Aber sie konnte nicht mehr zusehen. Nicht, nachdem sie gesehen hatte, wie sehr Draco Malfoy innerlich zerfiel.

Sein Name stand für so vieles. Für Arroganz. Für Feindseligkeit.

Aber jetzt… stand er für etwas ganz anderes. Für einen Jungen, der sich in einem Krieg verlor, bevor er überhaupt wusste, wer er war.

Sie fand ihn im Schatten eines Seitengangs. Er saß auf dem Boden, die Knie angezogen, den Blick leer an die Wand gerichtet. Als sie näher kam, hob er kaum den Kopf.

„Granger", murmelte er. „Du solltest nicht hier sein."

„Ich muss wissen…" Ihre Stimme zitterte leicht. „Wirst du gezwungen?"

Er lachte trocken, ohne Humor. „Du denkst, ich hätte eine Wahl?"

Dann fiel seine Fassade.

Er sah sie an – zum ersten Mal ohne Zorn, ohne Spott, ohne Maske. Nur mit tiefer, roher Verzweiflung.

„Ich hab's versucht", flüsterte er. „Ein Fluch. Ein verzauberter Gegenstand. Alles ist gescheitert. Und jetzt… jetzt soll ich sie reinlassen. Die Todesser. Sie warten nur auf mein Zeichen."

Hermine spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte.

„Ich will es nicht tun." Seine Stimme brach. „Ich will es nicht. Aber wenn ich es nicht tue, dann…"

Er zog langsam den Ärmel seines Umhangs hoch – zögernd, als müsste er sich selbst dazu zwingen.

Das Mal war tiefschwarz. Dunkel und lebendig. Wie eine Wunde, die nie heilen würde.

„Ich dachte, das würde mich zu jemandem machen", flüsterte er. „Aber ich bin einfach nur… verloren."

Die Tränen kamen plötzlich. Keine stille, würdige Traurigkeit. Es war ein Zerbrechen. Schluchzen, das aus der Tiefe seiner Seele kam.

Hermine stand wie erstarrt. Das war nicht der Draco, den sie kannte.

Und doch… war er vielleicht zum ersten Mal ganz er selbst.

Langsam kniete sie sich neben ihn. Ihr Herz raste.

Dann legte sie zaghaft die Arme um ihn.

Zuerst zuckte er zurück. Doch dann… ließ er es zu.

Er vergrub das Gesicht an ihrer Schulter und weinte.

Und sie hielt ihn einfach fest.

Kapitel 14 (Dracos Sicht)

Er hatte gewusst, dass sie kommen würde.

Nicht aus Neugier. Sondern weil sie nie losließ, wenn sie glaubte, jemand könnte gerettet werden.

Aber nichts an ihm war mehr zu retten.

Als sie ihn fragte, ob er gezwungen wurde, war das der Moment, in dem alles in ihm zerbrach.

Er konnte es nicht mehr verbergen. Konnte ihr nicht mehr ins Gesicht lügen, nicht nach all dem, was sie bereits wusste.

„Ich hab's versucht", sagte er. Die Worte kamen bruchstückhaft. „Das verfluchte Collier. Der vergiftete Met. Alles schiefgegangen. Und jetzt… jetzt soll ich die Tür öffnen. Sie reinlassen."

Er wollte stark bleiben. Wirklich. Aber es ging nicht mehr.

Er zog den Ärmel hoch. Zeigte ihr das Mal. Das Brandzeichen. Das Versprechen, das er nie hatte geben sollen.

„Ich will das nicht", presste er hervor. „Aber ich kann nicht zurück. Ich weiß nicht, wie."

Und dann… kam alles hoch.

All die Angst, der Hass auf sich selbst, das Gefühl, dass er in einer Rolle gefangen war, die nie für ihn gedacht war. Die Tränen kamen ungehemmt. Laut. Unkontrolliert. Und er hasste sich dafür.

Und dann… waren da ihre Arme.

Erst zögerlich. Dann fester.

Er hatte sich nie schwächer gefühlt. Und gleichzeitig nie… so gesehen.

Sie hielt ihn fest.

Und das war vielleicht das erste Mal seit langer Zeit, dass er das Gefühl hatte, nicht völlig allein zu sein.

Kapitel 15: Im Schutz der Dunkelheit (Hermines Sicht)

Sie hatte nicht geplant, zu bleiben. Aber wie hätte sie gehen können?

Er war in ihren Armen eingeschlafen, irgendwann zwischen den letzten zitternden Atemzügen und der völligen Erschöpfung. Sein Gesicht vergraben an ihrer Schulter, der Atem ruhig geworden – nach all dem Lärm in ihm.

Hermine saß still, die Wand im Rücken, sein Gewicht gegen sie gelehnt. Ihre Gedanken rasten, aber sie bewegte sich nicht. Nicht, solange er so da lag. Nicht, solange er diese Ruhe brauchte.

Der Morgen graute langsam. Und irgendwann öffnete er die Augen – blinzelte, sah sie an.

Und sagte… nichts.

Aber sie wusste, dass er es nie vergessen würde.

Kapitel 16: Eine Entscheidung (Hermines Sicht)

Ron und Harry waren noch beim Frühstück, als Hermine sich neben sie setzte – der Teller vor ihr blieb unberührt.

„Ich muss euch was sagen", begann sie ruhig.

Harry und Ron schauten sofort auf. Sie hatten auf das gewartet.

„Ich hab gestern Abend mit Draco gesprochen."

„Was?!" Ron ließ fast seinen Löffel fallen. „Allein?! Im Kerker?!"

„Hast du den Verstand verloren?" fügte Harry hinzu, die Stirn gerunzelt.

„Er hat mir alles erzählt", sagte Hermine unbeirrt. „Die Pläne. Die Versuche, die schiefgingen. Und was er jetzt tun soll."

„Und das glaubst du ihm einfach?" Ron starrte sie an, als sei sie verrückt.

„Ich weiß, dass er die Wahrheit sagt. Ich war da, als seine Fassade gefallen ist. Ich habe gesehen, was es mit ihm macht."

Harry war still, sein Blick prüfend.

„Was willst du tun?" fragte er schließlich.

Hermine holte tief Luft. „Ich werde ihm helfen."

„Was?!" – diesmal gleichzeitig.

„Ich werde ihm helfen, da rauszukommen. Irgendwie. Und ich brauche von euch zwei Dinge: Dass ihr mir vertraut. Und dass ihr euch raushaltet."

„Hermine…"

„Ich meine es ernst. Das hier ist kein Spiel. Wenn ihr euch einmischt, bringt ihr nicht nur Draco in Gefahr, sondern auch mich."

Ron sah aus, als hätte er gerade einen Fluch verschluckt.

Harry schwieg.

Dann nickte er langsam. „Einen Versuch kriegst du. Aber wenn es schiefgeht…"

„Dann bin ich die Erste, die zu Dumbledore geht", sagte sie.

Es war ein Pakt. Einer, der alles verändern konnte.

Kapitel 17 (Dracos Sicht)

Er wachte auf und fühlte sich… fremd. Warm. Nicht von innen – das ging nicht mehr. Aber äußerlich. Da war jemand. Da war sie.

Hermine. Noch immer da. Wie ein Wunder, das nicht verschwinden wollte.

Er hatte keine Worte dafür. Also sagte er nichts.

Aber als sie ging – leise, vorsichtig –, fühlte es sich an, als hätte sie etwas dagelassen. Etwas, das er nicht kannte.

Hoffnung.

Kapitel 18: Kein Zurück (Hermines Sicht)

Sie hatte das Buch nur der Form halber mitgebracht.

Als Hermine den Zaubertränkeraum betrat, wartete Draco schon auf sie – wie immer, in seinem gewohnten, leicht verkrampften Sitz, den Blick auf die Tischplatte gerichtet.

Aber heute war es anders. Heute ging es nicht um Zaubertränke.

Sie setzte sich wortlos, legte das Buch beiseite – und sah ihn an.

„Ich werde dir helfen."

Er blinzelte, der Kopf ruckte leicht zur Seite. „Granger—"

„Egal, ob du willst oder nicht." Ihre Stimme war ruhig, aber bestimmt. „Du kommst da nicht allein raus. Und du musst es auch nicht."

Er lachte trocken. „Du bist ziemlich schlecht im Aufgeben, weißt du das?"

„Ich weiß." Ein winziges Lächeln huschte über ihre Lippen. „Und du bist ziemlich schlecht darin, Hilfe anzunehmen."

Er schwieg. Sekundenlang. Dann schüttelte er langsam den Kopf, aber nicht mehr abweisend.

„Du bist verrückt", murmelte er.

„Möglich."

Ein Moment der Stille. Aber keine unangenehme mehr.

Er sah sie schließlich an, zum ersten Mal heute wirklich – und irgendetwas in seinem Blick war anders. Weicher. Verletzlicher.

Und tief in ihr… war da ein Ziehen. Etwas Unbekanntes.

Etwas, das blieb, auch als sie längst wieder im Gryffindor-Turm war.

Warum denke ich noch an ihn?

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Kapitel 18 (Dracos Sicht)

Er hatte gewusst, dass sie es sagen würde.

Aber hören war etwas anderes.

„Ich werde dir helfen", sagte sie. Und es klang nicht wie ein Angebot. Es klang wie ein Versprechen.

Draco hatte versucht, sofort in Verteidigung zu gehen. Spott. Ironie. Abstand. Das funktionierte sonst immer.

„Du bist verrückt", hatte er gemurmelt.

Aber sie war geblieben. Sie war nicht zurückgewichen. Und irgendetwas in ihm… ließ los.

Vielleicht, weil er zu müde war. Vielleicht, weil sie die Einzige war, die ihn je gesehen hatte.

Oder vielleicht, weil er wollte, dass jemand an ihn glaubte – selbst wenn er es selbst nicht mehr tat.

Als sie später ging, blieb er noch lange allein sitzen.

Und es war nicht die Schuld, die in ihm brannte. Nicht der Druck.

Es war ihr Blick. Ihre Stimme.

Granger.

Er dachte an die Art, wie sie ihn angesehen hatte. Wie sie gesagt hatte, sie würde nicht aufgeben.

Und er hasste sich ein bisschen dafür, dass das etwas in ihm zum Klingen brachte.

Etwas, das sich… falsch anfühlen sollte. Aber es nicht tat.

Kapitel 19: Zwischen Nähe und Entscheidung (Hermines Sicht)

Die Wochen vergingen in einem seltsamen Schwebezustand.

Es war, als würde sie mit jedem Treffen tiefer in etwas gezogen, das sie nicht benennen konnte. Ihre Gespräche mit Draco begannen mit Plänen, mit Logik, mit Risikoabwägung – und endeten immer häufiger in Stille. In Nähe. In Momenten, in denen er den Kopf an ihre Schulter legte. In denen sie ihm sanft über den Rücken strich, während seine Tränen gegen ihren Hals brannten.

Sie sagte nie viel, wenn er weinte. Nur: „Ich bin da."

Und das war genug.

Er wurde weicher bei ihr. Und sie… wurde verwirrter.

Warum war da dieses Ziehen in ihrer Brust, wenn er sie ansah? Warum war sein Lächeln, so selten es auch war, plötzlich das, worauf sie wartete?

Trotzdem arbeiteten sie weiter.

Der Plan war klar: Dumbledore sollte alles erfahren. Aber erst, wenn der Moment gekommen war. Wenn Draco das Zeichen gab. Wenn es zu spät für einen Rückzug war.

Und dann – würden sie bereit sein. Mit Dumbledore. Und einem halben Dutzend Auroren, die heimlich unter Tarnzaubern im Schloss stationiert waren.

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Kapitel 20: Der Moment der Wahrheit (Dracos Sicht)

Er hatte den Spiegel in der Hand. Ein einfacher Handspiegel, scheinbar harmlos. Doch ein kurzer Lichtblitz darin – ein bestimmter Zauber – würde das Zeichen sein. Das Zeichen für die Todesser.

Er hatte gezögert. So lange. So oft. Aber nun stand er da. Auf dem Turm. Der Wind peitschte ihm durch die Haare.

Wenn ich es tue, gibt es kein Zurück.

Aber sie glaubten an ihn. Sie.

Dumbledore. Granger.

Hermine hatte ihn in der letzten Nacht gehalten, als seine Hände so zitterten, dass er kaum den Löffel halten konnte. Sie hatte ihm ins Ohr geflüstert:

„Du bist nicht allein."

Er atmete tief ein. Sah den Spiegel an.

Dann sprach er den Zauber.

Das Licht zuckte – ein leiser Blitz, kaum zu bemerken. Doch er wusste: Es war getan.

Jetzt oder nie.

Kapitel 21: Der Sturm bricht los (Hermines Sicht)

Die ersten Schatten erschienen eine Stunde nach Mitternacht. Gestalten in dunklen Umhängen. Masken. Bewegungen wie Rauch.

Todesser. Im Schloss.

Hermine stand bereit, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Neben ihr: Harry, Ron – und McGonagall, verkleidet durch einen starken Tarnzauber.

In den Gängen lauerten Auroren – Shacklebolt, Tonks, Dawlish.

Und ganz oben, auf dem Astronomieturm, stand Dumbledore.

Dann ging alles schnell.

Kampfgeräusche. Schreie. Lichtblitze, Flüche. Der Flur explodierte in Chaos. Zwei Todesser versuchten, ins Klassenzimmer einzudringen, in dem Schüler schliefen – Tonks stieß sie mit einem einzigen Zauber bewusstlos zu Boden.

Hermine kämpfte. Sie warf Schutzzauber, schleuderte Angreifer zurück.

Und dann sah sie ihn.

Draco – blass, aber standhaft. Mitten im Chaos.

Er wehrte Flüche ab, duckte sich, rief einem Auror zu, wo sich ein weiterer Eindringling versteckte.

Sie trafen sich mit den Blicken.

Du schaffst das, dachte sie. Und sie wusste: Er hörte es.

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Kapitel 21 (Dracos Sicht)

Es war Krieg.

Er hatte ihn sich anders vorgestellt – ruhiger. Gezielter. Aber das hier war brennendes Licht, schreiende Stimmen, zuckende Körper auf dem Boden, Flüche, die durch die Luft rasten.

Er war mittendrin.

Ein Todesser hatte ihn erkannt – rief seinen Namen – doch Draco zauderte nicht. Ein Betäubungszauber. Ein weiterer. Der Mann stürzte.

Ich bin nicht mehr einer von euch.

Er rannte weiter, half Shacklebolt, duckte sich vor einem roten Lichtblitz.

Und dann war da – Snape.

Snape war dort, zwischen zwei Todessern, kämpfend, hart, eiskalt präzise.

Ein einziger Blick traf Draco. Und für einen Moment glaubte er, etwas wie Stolz zu sehen.

Dann – der letzte Schlag.

Dumbledore trat auf die Mitte des Turms, das Mal auf seiner Hand glühte.

Ein einziger Zauber – „Protego Totalum!" – schleuderte vier Todesser gleichzeitig zurück.

„Genug", sagte er. Und seine Stimme ließ alles verstummen.

Die letzten Masken fielen. Die Auroren hatten gesiegt.

Die Todesser – gefesselt. Bewusstlos. Oder flohen.

Und Draco… stand da. Keuchend. Zitternd.

Und lebendig.

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Kapitel 22: Was bleibt (Hermines Sicht)

Als es vorbei war, fand sie ihn draußen im Hof.

Er saß auf der Treppe, das Gesicht in den Händen, die Schultern bebend. Diesmal nicht vor Angst. Sondern vor Erleichterung.

Hermine kniete sich neben ihn.

Er sagte nur: „Es ist vorbei."

Und sie sagte: „Nein, Draco. Es fängt gerade erst an."

Und zum ersten Mal… lächelte er.

Kapitel 23: Beinahe (Hermines Sicht)

Der Hof war still. Das erste Mal seit Stunden.

Hermine saß neben Draco auf der Treppe, ihr Herz noch immer zu schnell, ihre Hände kalt, obwohl der Kampf längst vorbei war.

Er hatte es überlebt. Sie hatten es geschafft.

Er hatte den Mut gehabt, sich gegen alles zu stellen, was ihn geprägt hatte.

Und sie… sie hatte ihn dabei gesehen. In seiner tiefsten Schwäche. Und in seiner größten Stärke.

Sie legte vorsichtig die Arme um ihn, und ohne zu zögern, fiel er in die Umarmung. Fest. Vertraut. Zerbrechlich.

Minuten vergingen, in denen keiner etwas sagte.

Als sie sich langsam voneinander lösten, blieb ihr Blick an seinem hängen.

Seine Augen… waren weicher als je zuvor. Und gleichzeitig voller Dinge, die sie nicht benennen konnte. Schmerz. Dankbarkeit. Hoffnung.

Sie atmete flach. Ihre Stirn war nah an seiner. Sein Blick wanderte zu ihrem Mund.

Und für einen winzigen Moment…

…beugte er sich vor.

Beinahe.

„Hermine?!"

Sie fuhren beide erschrocken auseinander, als Harrys Stimme den Moment zerschlug wie Glas.

„Was macht ihr hier?" fragte Ron misstrauisch, die Augen zwischen ihnen springend.

„Nichts!", rief Hermine zu schnell. „Wir… wir haben nur geredet."

Draco stand steif auf. Seine Maske war fast wieder da. Fast.

Doch bevor einer etwas weiter sagen konnte, erklang eine warme, ruhige Stimme hinter ihnen.

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Kapitel 23 (Dracos Sicht)

Er hatte gedacht, dass der Kampf das Schwerste gewesen war.

Aber es war das danach, das ihn zittern ließ.

Hermine war neben ihm geblieben. Sie hatte ihn gehalten, als alles vorbei war. Und jetzt… sah sie ihn an, als würde sie ihn sehen – nicht den Namen. Nicht das Mal.

Nur ihn.

Ihre Nähe war wie ein Magnet. Sanft, unausweichlich.

Er wusste nicht, wer sich zuerst vorgebeugt hatte. Aber in dem Moment war es egal. Ihre Lippen waren nur Zentimeter entfernt. Sein Herz schlug wild, schneller als in jeder Schlacht.

Und dann –

„Hermine?!"

Er zuckte zurück, als hätte ihn jemand geschlagen. Harry. Ron. Natürlich.

Zurück in die Wirklichkeit. In ihre Welt.

Er zwang sich, neutral zu wirken. Schweigend. Als wäre nichts gewesen. Als wäre nichts gewollt worden.

Und dann kam die Stimme, die ihn ein zweites Mal aus dem Gleichgewicht brachte – aber auf ganz andere Weise.

„Draco."

Dumbledore.

Der Schulleiter trat ruhig auf sie zu. Seine Augen – wie immer durchdringend – aber heute… voller Wärme.

„Ich bin stolz auf dich."

Draco blinzelte.

Er… was?

„Du hast die Wahrheit gesagt. Und du hast den Mut gehabt, um Hilfe zu bitten. Es gibt kaum eine größere Stärke als das."

Draco öffnete den Mund. Schloss ihn wieder.

Er konnte nichts sagen. Er war nicht bereit für solche Worte.

Aber vielleicht… irgendwann.

Hermine warf ihm einen Blick zu. Still. Sanft.

Und irgendetwas in ihm flüsterte: Vielleicht bin ich doch nicht verloren.

Kapitel 24: Was keiner wissen darf (Hermines Sicht)

Der Gryffindor-Gemeinschaftsraum war ruhiger als sonst. Die meisten Schüler waren noch zu aufgewühlt, um laut zu sein – der Angriff hatte Spuren hinterlassen.

Hermine saß mit einem Buch auf dem Sofa, der Blick jedoch seit Minuten unbewegt auf derselben Seite. Ihre Gedanken waren ganz woanders. Seine Nähe. Sein Blick. Seine Stirn, nur einen Hauch von ihrer entfernt...

„Also", sagte Ron plötzlich und riss sie aus ihren Gedanken, „was war das da draußen eigentlich vorhin?"

„Was meinst du?" fragte sie, ohne aufzusehen.

„Du und Malfoy", fügte Harry leise hinzu. „Ihr wart… sehr nah. Sah aus wie..."

Er stockte. „War da was?"

Hermine schlug das Buch zu. „Nein. Da war nichts. Wir haben nur geredet. Ich hab ihm geholfen, nicht mehr."

„Du lügst", murmelte Ron. „Du wirst rot."

„Ich bin müde", sagte sie schnell. „Und das ist alles."

Die beiden sahen sich an, aber keiner sagte mehr etwas.

Sie glaubten ihr nicht. Aber sie ließen es ruhen.

Doch als sie sich später in ihr Bett legte, dachte sie nur an ihn.

An den Moment. An das, was fast gewesen wäre.

Und an das, was sie sich nicht erlaubte, zu fühlen.

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Kapitel 24 (Dracos Sicht)

Der Slytherin-Gemeinschaftsraum war gedämpft, flüsternd. Überall wurde getuschelt – über die Todesser, über den Kampf, über ihn.

Draco saß in einem der alten Sessel nahe dem Kamin, die Beine ausgestreckt, die Arme verschränkt. Er sagte nichts. Auch als Pansy ihn musterte, als Goyle leise tuschelte.

Nur Blaise kam schließlich zu ihm. Setzte sich mit einem Seufzen neben ihn.

„Willst du erzählen, was passiert ist?"

Draco zögerte.

Dann nickte er.

Und er erzählte. Alles. Wie er Dumbledore vorwarnte. Wie der Kampf ablief. Wie die Auroren warteten. Wie sie gewonnen hatten. Wie Dumbledore ihm dankte.

Blaise hörte zu – still, aufmerksam. Kein Spott. Kein Urteil.

„Krass", sagte er leise. „Hätt ich nie gedacht."

„Ich auch nicht", murmelte Draco.

Er verschwieg nur eine Sache.

Hermine.

Ihre Stimme. Ihr Blick. Der beinahe-Kuss.

Das war nur für ihn. Das gehörte niemand anderem.

Und als er in seinem Bett lag, allein, starrte er an die Decke – und dachte an ihren Herzschlag, als sie ihn gehalten hatte.

Und fragte sich, warum er sie vermisste, obwohl sie nie wirklich ihm gehört hatte.

Kapitel 25: Hogsmeade und Herzklopfen (Hermines Sicht)

Das Wochenende war mild und klar, die Sonne spiegelte sich auf dem Kopfsteinpflaster von Hogsmeade, als Hermine neben Harry und Ron durch die Straßen schlenderte. Es war das erste Mal seit Langem, dass sich alles ein bisschen… leicht anfühlte.

Sie waren durch die Läden gebummelt, hatten in der Eulerei gestöbert, ein paar Süßigkeiten aus Honigtopf gekauft – und zum Abschluss saßen sie wie früher im Drei Besen, mit Butterbier vor sich und einem Hauch von Nostalgie in der Luft.

„Ich geh schon mal vor", sagte Hermine später, als sie vom Tisch aufstand. „Ich muss noch kurz—"

„Toilette", beendete Ron mit einem Grinsen. „Wir warten draußen."

Als sie zurückkam, war ihr Tisch leer. Aber am anderen Ende des Raumes… da saß jemand allein.

Draco.

Er sah fast verloren aus. Eine halbleere Tasse vor sich, den Blick aus dem Fenster gerichtet. Niemand beachtete ihn.

Etwas in ihr zögerte. Dann bewegte sie sich, ohne nachzudenken.

„Ist hier noch frei?" fragte sie.

Er sah hoch. Überraschung. Dann ein Nicken. „Wenn du dich mit einem gefallenen Todesser sehen lassen willst, bitte."

Sie setzte sich. Schweigend, für einen Moment.

Dann sagte sie: „Ich bin froh, dass alles gut gegangen ist."

Er nickte. „Ich auch."

Noch ein Schluck Butterbier. Noch ein bisschen Schweigen.

Dann blickte sie ihn an, direkt.

„Draco… damals. Im Hof. Kurz bevor Harry kam…"

Seine Augen hoben sich langsam.

„…was wäre passiert, wenn er nicht gestört hätte?"

Ihr Herz klopfte heftig. Aber sie wich nicht aus.

--

Kapitel 25 (Dracos Sicht)

Er hatte nicht geplant, nach Hogsmeade zu gehen. Aber etwas in ihm hatte ihn hergezogen – vielleicht die Hoffnung, für einen Moment normal zu sein.

Die Straßen waren voll, aber er hatte sich nicht untergemischt. Nur in den Drei Besen gesetzt, in der Hoffnung, dass niemand Notiz von ihm nahm.

Er hatte nicht erwartet, dass sie kam.

Und doch – da war sie. Ihre Stimme so vertraut, dass sein Herz sofort schneller schlug.

„Wenn du dich mit einem gefallenen Todesser sehen lassen willst, bitte", sagte er trocken. Aber in Wahrheit… war er dankbar, dass sie blieb.

Sie redeten wenig. Aber das reichte. Ihre Nähe war wie ein leiser Trost.

Und dann… sprach sie es aus.

„Was wäre passiert, wenn er nicht gestört hätte?"

Er hielt ihren Blick. Sekundenlang. Keine Maske. Keine Lüge.

„Ich hätte dich geküsst", sagte er leise. „Und… ich hätte es nicht bereut."

Er sah den Ausdruck in ihren Augen – keine Ablehnung. Kein Schock.

Nur dieses Flackern. Dieses Zögern.

„Ich weiß nicht, was das hier ist", fuhr er fort. „Ich bin nicht… gut darin. Aber ich denke… öfter an dich. Viel öfter, als ich sollte."

Ein kurzer Moment der Stille.

Dann lächelte sie.

„Ich auch."

Und obwohl sich ihre Hände nicht berührten, waren sie sich noch nie so nah gewesen.

Kapitel 26: Mut in der Dunkelheit (Hermines Sicht)

Der Weg zurück zum Schloss war still, aber nicht unangenehm. Ihre Schritte klangen gedämpft auf dem weichen Boden des Pfades, während sich der Abend über Hogwarts senkte. Sie liefen nebeneinander, ohne sich zu berühren, aber irgendwie… war das nicht nötig.

Hermine war verwirrt. Aufgewühlt. Und gleichzeitig so ruhig wie seit Wochen nicht mehr.

Draco war anders. Nicht nur leiser – sondern… echter.

Als sie den Rand des Verbotenen Waldes passierten und die Silhouette des Schlosses vor ihnen aufragte, blieb er plötzlich stehen.

Sie drehte sich zu ihm um, wollte gerade etwas sagen – doch da sprach er zuerst.

„Ich war schon einmal mutig", sagte er leise. Seine Stimme war fest, aber weich.

Hermine blinzelte. „Als du—"

„Ja", unterbrach er sie sanft. „Als ich mich entschieden hab, nicht zu töten. Nicht zu fliehen. Jetzt… bin ich es wieder."

Bevor sie antworten konnte, trat er einen Schritt näher, legte eine Hand an ihre Taille, die andere an ihre Wange.

„Hermione", flüsterte er. Und dann… zog er sie an sich.

Er küsste sie.

Es war kein zögerlicher Kuss. Kein Fragezeichen.

Es war eine Antwort.

Hermine zuckte im ersten Moment zurück – überrascht, überfordert.

Doch dann… ließ sie los.

Sie erwiderte den Kuss – erst vorsichtig, dann mit aller Leidenschaft, die sich über Wochen aufgestaut hatte. Ihre Hände vergruben sich in seinem Umhang, seine Finger glitten in ihr Haar, und für einen Moment gab es nichts außer ihnen. Kein Krieg. Keine Schule. Kein Urteil.

Nur sie.

Als sie sich schließlich trennten, atemlos und noch ganz nah, sah sie ihn an.

Und zum ersten Mal dachte sie nicht mehr darüber nach, was das war.

Sondern nur noch darüber, dass es echt war.

Kapitel 26 (Dracos Sicht): Mut, zum zweiten Mal

Der Rückweg vom Drei Besen war kalt, aber er spürte es kaum.

Hermine lief neben ihm. Nah, aber nicht zu nah. Ihre Anwesenheit war leise, beständig – wie ein vertrauter Zauber, der ihn nicht mehr losließ.

Draco hatte nie gedacht, dass es einmal so sein würde. Dass er sich nach jemandem sehnen würde. Dass Nähe etwas sein könnte, das ihn nicht bedrohte, sondern beruhigte.

Sie hatten gesprochen. Ehrlich. Über den Kampf, über das, was fast passiert wäre – und was sie beide noch immer mit sich herumtrugen.

Und jetzt… war da dieser Moment. Diese Stille. Diese letzte Grenze.

Er blieb stehen.

Sie drehte sich um, sah ihn fragend an. Ihre Haare fielen ihr ins Gesicht, das Licht des Abendhimmels spiegelte sich in ihren Augen.

Und da war es – dieses Gefühl. Kein Zweifel. Keine Panik.

Nur Mut.

„Ich war schon einmal mutig", sagte er leise. Seine Stimme klang ruhiger, als er sich fühlte. „Als ich mich entschieden hab, es nicht zu tun. Dumbledore."

Sie sagte nichts. Aber sie sah ihn an – ganz. Offen.

Und er wusste, was er tun musste.

„Jetzt… bin ich es wieder."

Er trat näher. Spürte, wie sein Herz raste. Er hob die Hand, legte sie gegen ihre Wange, die andere an ihre Taille.

„Hermione", flüsterte er.

Dann küsste er sie.

Sie zuckte zurück, und sein Herz rutschte für einen Moment in die Tiefe.

Zu viel? Zu früh?

Aber dann… kam sie zurück. Mit einer Wucht, die ihm den Atem raubte.

Der Kuss war alles. Endlich. Wild, ehrlich, verloren in ihr. In dem, was sich angestaut hatte, seit sie sich das erste Mal wirklich angesehen hatten.

Als sie sich lösten, zitterte seine Brust leicht vom Atem.

Und in ihren Augen lag etwas, das er nie für sich geglaubt hätte.

Gefühl.

Er nahm ihre Hand. Und für einen Moment hatte er keine Angst, wer sie waren.

Nur Hoffnung, wer sie sein könnten.

Kapitel 27: Heimlich wir (Hermines Sicht)

Die Tage vergingen, und Hermine lebte in zwei Welten.

Die eine: Lernen, Lachen, mit Harry und Ron über Hausaufgaben streiten, in der Bibliothek sitzen und so tun, als wäre alles wie immer.

Die andere: Ein leerer Klassenraum im dritten Stock. Eine zugeschobene Tür. Atem, der sich mit seinem vermischte. Hände, die ihre fanden. Und Lippen, die sie viel zu schnell vermisste, wenn sie sich trennten.

Draco.

Sie hatte nie geglaubt, dass sie einmal so viel reden wollte mit ihm. Dass sie in seiner Stimme Wärme finden würde. Dass sie irgendwann wusste, wann er schwieg, weil er sich nicht traute – und wann, weil er einfach wollte, dass sie redete.

Manchmal küssten sie sich minutenlang, verloren in der Stille. Manchmal saßen sie einfach nur da, Schulter an Schulter, redeten über Dinge, die sie nie jemand anderem erzählt hätten.

Und manchmal ging sie zurück in den Gryffindor-Turm mit einem Lächeln auf den Lippen – nur um beim Anblick von Harrys oder Rons Gesicht zu erschrecken.

Du kannst es ihnen nicht sagen, dachte sie jedes Mal. Noch nicht.

Sie würden es nicht verstehen.

Vielleicht irgendwann. Aber nicht jetzt.

Also lebte sie weiter in dieser stillen Zwischenwelt.

Und vermisste ihn schon, wenn sie sich verabschiedeten.

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Kapitel 27 (Dracos Sicht)

Niemand fragte, wo er war.

Das war das Schöne – oder das Bittere – an der Sache: Kein Slytherin wollte mehr mit ihm zu tun haben. Nicht nach seiner Entscheidung. Nicht nach Dumbledores Anerkennung.

Er war ein Verräter in grüner Robe.

Aber das war ihm egal.

Denn in jedem freien Moment – wenn die Flure leer waren, wenn der Unterricht endete, wenn die Schatten lang wurden – war sie da.

Granger. Hermine.

Sie trafen sich heimlich in verlassenen Räumen. Er brachte manchmal Schokolade mit, sie Bücher. Und jedes Mal, wenn sie lachte, hatte er das Gefühl, dass er zum ersten Mal etwas eigenes besaß.

Etwas Gutes.

Sie redeten viel. Über Träume. Über Angst. Über alles, was war. Und dann – über alles, was sein könnte.

Manchmal saßen sie stumm nebeneinander, nur ihre Beine aneinander gelehnt.

Und manchmal zog er sie wortlos zu sich, küsste sie, lange, so lange, dass er die Welt vergaß.

Doch immer, wenn sie sich verabschiedeten, spürte er es: das Zögern in ihr. Die Angst, entdeckt zu werden. Die Schuld gegenüber Potter und Weasley.

Er sagte nichts.

Denn er wusste: Was sie hatten, war zerbrechlich.

Aber verdammt – es war echt.

Kapitel 28: Zwischen Kerzenlicht und Herzklopfen (Hermines Sicht)

„Ich möchte dich einladen."

Hermine hatte überrascht geblinzelt, als Draco es sagte. Ein bisschen verlegen, ein bisschen zu schnell – aber ehrlich.

„Einladen? Wohin?"

„Raum der Wünsche", hatte er gemurmelt. „Nur du und ich. Ein… richtiges Date."

Und so stand sie nun vor der Tür, die sich langsam öffnete – und verschlug ihr den Atem.

Weiche Kissen lagen auf einer breiten Decke, warmes Licht flackerte von schwebenden Kerzen, im Hintergrund lief leise Musik, ein sanfter Zauber, kaum hörbar. Ein kleiner Tisch mit Schokolade, warmem Tee und zwei Butterbieren stand bereit.

Und Draco – stand dort, die Hände in den Taschen, nervös wie nie. Aber als er sie sah, entspannte sich etwas in seinem Blick.

„Wow", flüsterte sie.

„Ich hab… gehofft, dass du das sagst."

Sie setzten sich. Redeten stundenlang. Über Hogwarts. Über Kindheit. Über Schuld und Vergebung. Über alles, was zwischen ihnen lag – und was jetzt hinter ihnen lag.

Und irgendwann… waren Worte nicht mehr genug.

Er sah sie an. Sie sah zurück.

Der erste Kuss war zärtlich, vorsichtig – doch der zweite war voller Verlangen. Und bald glitten ihre Finger unter Stoff, suchten Haut, Nähe, Wärme.

Als Draco kurz innehielt, seine Stirn gegen ihre lehnte und flüsterte:

„Ist das okay?",

antwortete sie nicht mit Worten.

Sondern mit einem Kuss, tief und sicher.

Und in dieser Nacht – unter dem schützenden Himmel des Raums der Wünsche – gaben sie sich einander hin. Ganz.

Zärtlich. Ehrlich. Voller Gefühl.

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Kapitel 28 (Dracos Sicht)

Er hatte selten so viel Angst gehabt wie an diesem Abend.

Nicht wegen Todessern. Nicht wegen Dumbledore.

Sondern wegen ihr.

Weil er wollte, dass alles perfekt war. Weil sie das verdiente. Und weil er es fast nicht glauben konnte, dass sie tatsächlich gekommen war.

Und dann saß sie da. Lächelnd. Wunderschön. Vertraut. Und für einen Moment war alles andere unwichtig.

Sie redeten lange. Er lachte – ehrlich, das erste Mal seit Jahren. Und sie lachte mit ihm.

Und als sie sich endlich küssten, wusste er: Das hier… ist echt.

Er berührte sie vorsichtig. Tastete sich vor, nie fordernd, nie zu viel. Und als sie ihre Hände auf seine legte, ihren Körper an seinen schmiegte, wusste er: Sie will das auch.

Trotzdem fragte er.

„Ist das okay?"

Sie antwortete nicht. Zumindest nicht mit Worten.

Aber ihr Kuss sagte alles.

Und so war es – ihr erstes Mal. Kein Rausch. Kein Stolz.

Sondern Wärme. Nähe. Atem an Atem. Haut an Haut.

Und als sie später nebeneinander lagen, ihre Finger miteinander verschränkt, hörte er sich plötzlich sagen:

„Willst du… meine Freundin sein?"

Ihr Blick wurde weich. „Natürlich."

Er hätte nie gedacht, dass ein einziges Wort so viel in ihm auslösen konnte.

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Kapitel 29: Und was jetzt? (Hermines Sicht)

Als sie am nächsten Morgen aufwachte, lag sie noch in seinen Armen. Der Raum war warm, still. Und alles fühlte sich… richtig an.

Aber in ihrem Kopf drehte sich längst alles.

Wie sag ich's Harry und Ron?

Sie wusste, dass sie nicht mehr ewig schweigen konnte.

Aber sie wusste auch, dass es alles verändern würde.

Sie schaute zu Draco.

Und wusste: Es ist es wert.

Kapitel 30: Erwischt (Hermines Sicht)

Sein Hemd war bereits halb offen, ihre Finger noch an seinen Knöpfen. Ihre Lippen noch an seinem Hals. Ihr Atem ging schnell, die Hitze des Raumes lag schwer auf ihrer Haut.

Hermine hatte alles um sich herum vergessen. Es gab nur noch Draco. Nur noch seine Hände, seine Stimme, sein Herz, das gegen ihres schlug.

Sie liebte diese heimlichen Momente. Diese gestohlenen Stunden. Sie waren gefährlich – aber echt.

Und sie fühlte sich bei ihm sicher. Gewollt. Geliebt.

Bis die Tür aufgerissen wurde.

„HERMIONE?!"

Die Stimme traf sie wie ein Blitz.

Sie riss sich hoch, erschrocken, das Gesicht hochrot.

In der Tür standen Harry und Ron – beide starr, mit geweiteten Augen.

„Was zur Hölle?!" Ron starrte sie an, als hätte sie ihm ins Gesicht geschlagen.

Harrys Blick ging von ihr zu Draco, zu den halb offenen Kleidern, zum Chaos um sie herum – und dann wieder zu Hermine.

„Du… du schläfst mit ihm?"

„Harry – Ron – ich…" Ihre Stimme brach.

„Das… das ist nicht das, was ihr denkt – also, schon, aber… ich kann's erklären!"

Aber keiner hörte ihr zu. Ihre besten Freunde standen da, als wäre gerade ein Teil ihrer Welt zerbrochen.

Und das Schlimmste war – sie fühlte, wie ihr Herz dabei zerriss.

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Kapitel 30 (Dracos Sicht)

Es war einer dieser perfekten Momente gewesen.

Hermines Körper an seinem. Ihr Lachen leise in sein Ohr gehaucht. Ihre Hände unter seinem Hemd, ihre Lippen warm auf seiner Haut. Ihre Nähe – sein sicherer Ort.

Er hatte geglaubt, dass sie noch Zeit hatten. Noch ein bisschen Heimlichkeit. Noch ein bisschen „nur wir".

Doch die Tür flog auf – und mit ihr der ganze verdammte Schutz.

„HERMIONE?!"

Draco fuhr herum, spürte, wie sich sein Magen verkrampfte.

Potter. Weasley.

Ihre Gesichter – pures Entsetzen. Schock. Und dann: Enttäuschung. Wut.

Hermine sprang auf, der Stoff ihres Pullovers rutschte über die Schulter. Ihre Haare wild, ihre Lippen gerötet. Und doch war es ihr Blick, der ihn traf – erschrocken. Verletzt.

„Ich… ich kann's erklären…"

Draco wusste, dass jetzt alles vorbei war. Nicht zwischen ihnen – nicht für ihn – aber das Versteckspiel. Die Ruhe. Die Illusion, dass sie noch Zeit hatten.

Weasley funkelte ihn an, als wollte er ihn verfluchen.

Harry sah aus, als hätte jemand ihm den Boden unter den Füßen weggezogen.

Und Draco?

Er stand still da. Sein Herz raste.

Aber er wich keinen Schritt zurück.

Denn er wusste: Wenn er jetzt floh, würde er sie wirklich verlieren.

Kapitel 31: Die Wahrheit sagen (Hermines Sicht)

„Wartet!" rief Hermine, ihre Stimme zitterte, als Harry und Ron wortlos aus dem Klassenzimmer stürmten.

Ihre Herzen schlugen laut, ihre Gesichter voller Entsetzen.

Ich hätte es ihnen früher sagen sollen.

Aber sie hatte Angst gehabt. Angst vor genau diesem Moment.

Sie rannte hinterher. Durch die Korridore, vorbei an flüsternden Schülern, bis zum Porträtloch. Als sie keuchend in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum kam, saßen sie bereits auf dem Sofa – stumm, angespannt, wie zwei Statuen aus Wut.

„Bitte", begann sie, „lasst mich es erklären."

Harry sah sie nicht an. Ron starrte ins Feuer.

„Es war nicht geplant. Ich hab Draco nicht gesucht. Es… ist einfach passiert. Wir haben uns besser kennengelernt. Er hat sich verändert. Er—" Sie stockte. „Er ist nicht mehr der, der er mal war."

„Du… du schläfst mit Malfoy", sagte Ron leise, fassungslos.

„Ich liebe ihn", sagte sie. Und ihre Stimme war fest.

Harry hob den Kopf, zum ersten Mal. Sein Blick war verletzt, aber nicht zornig.

„Warum hast du es uns nicht gesagt?"

„Weil ich wusste, dass ihr so reagieren würdet."

Die Tür öffnete sich.

Draco trat ein.

Die Luft schien zu gefrieren.

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Kapitel 31 (Dracos Sicht)

Er hatte nicht gewusst, ob er sich trauen würde.

Aber er musste. Weil es jetzt keine Heimlichkeiten mehr gab. Keine Schatten. Keine Flucht.

Er trat in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum – und zum ersten Mal war ihm egal, was irgendjemand dachte.

Hermine stand da, angespannt, aber stark.

Harry und Weasley saßen da wie Wächter vor einem Herz, das er längst berührt hatte.

„Ich weiß", begann er ruhig, „dass ich hier nicht willkommen bin. Wahrscheinlich werde ich es nie sein."

Er holte tief Luft. Sag es. Zeig es ihr. Zeig es ihnen.

„Aber ich liebe sie."

Hermines Kopf ruckte herum. Ihre Augen wurden groß – überrascht, verwundert… berührt.

„Ich liebe dich", sagte sie leise zurück. Zum ersten Mal.

Und die Welt drehte sich für einen Moment nur um sie.

Dann wandte sich Draco an Harry und Ron.

„Ich bin nicht hier, um zu tun, als wäre alles vergessen. Ich weiß, was ich gesagt habe. Was ich getan habe. Ich war ein Arsch. Und schlimmer."

Stille.

„Wir werden nie Freunde sein, ich weiß das. Aber ich hoffe… dass ihr akzeptieren könnt, dass ich Hermine liebe. Und dass sie glücklich ist."

Er sagte nichts weiter.

Nur stand er da – offen. Angreifbar.

Zum ersten Mal ganz ohne Maske.

Kapitel 32: Was bleibt (Hermines Sicht)

Stille.

Dracos Worte hingen noch im Raum, als hätte jemand die Zeit angehalten. Ich liebe sie.

Und sie? Hatte es erwidert. Laut. Vor ihren besten Freunden.

Es war der mutigste Moment ihres Lebens.

Harry und Ron saßen wie versteinert da. Das Feuer knisterte leise. Niemand bewegte sich.

Dann, endlich, räusperte sich Harry.

„Okay", sagte er leise. „Das… ist viel."

Hermine trat einen Schritt näher. „Ich weiß."

Er sah sie an. Und diesmal nicht mit Entsetzen. Sondern mit Schmerz – dem Schmerz, nicht eingeweiht worden zu sein. Dem Schmerz, seine beste Freundin verloren geglaubt zu haben.

„Du hättest es sagen sollen, Hermine."

„Ich hatte Angst. Dass ihr mich nicht versteht."

Harry atmete durch. „Ich verstehe es nicht ganz. Noch nicht. Aber… ich sehe, dass es dir ernst ist. Und ich vertraue dir."

Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Danke."

Dann wandte sich Harry langsam zu Draco. Seine Stimme war ruhig, aber fest. „Ich werde dich nie vergessen lassen, was du warst. Aber ich werde dich beobachten – und wenn du ihr wehtust, Malfoy…"

„Dann tu ich dir zuerst weh", kam es plötzlich von Ron.

Er war aufgestanden, seine Hände zu Fäusten geballt.

„Du… liebst Hermine . Und du warst für sie da, als es niemand anderes sein konnte… okay."

Er zuckte mit den Schultern. „Aber ich kann das nicht sofort hinnehmen."

„Ich verlange das auch nicht", sagte Draco leise. „Ich will nur, dass ihr wisst, dass sie mir wichtig ist."

Ron knurrte nur etwas Unverständliches und stapfte aus dem Raum.

Harry blieb. Schaute Hermine lange an. Dann – ganz leicht – lächelte er.

„Viel Glück, ihr zwei."

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Kapitel 32 (Dracos Sicht)

Er hatte mit vielem gerechnet.

Wut. Ablehnung. Vielleicht sogar einem Fluch von Weasley.

Aber Harry Potters Blick war nicht das, was er erwartet hatte. Er war… nachdenklich. Misstrauisch, ja. Aber nicht hasserfüllt.

Und Weasley?

War ehrlich. Laut. Emotional. Aber nicht blind.

Draco sah, wie sie Hermine ansahen – und darin lag so viel Liebe, dass es fast wehtat.

Er wusste, dass er das nie ganz haben würde. Ihre uneingeschränkte Loyalität.

Aber das musste er auch nicht.

Er hatte sie.

Hermine.

Und als sie ihm später die Hand nahm, als alle gegangen waren und nur noch das Knistern des Feuers blieb, wusste er:

Das war es wert.

Kapitel 33: Das, was bleibt

Die Gerüchte hatten sich schnell verbreitet – wie immer in Hogwarts.

Hermine Granger und Draco Malfoy. Zusammen.

Anfangs nur ein Flüstern in den Gängen. Dann ein Getuschel im Unterricht.

Und schließlich offene Blicke in der Großen Halle.

Aber sie lächelten. Und sie hielten sich an den Händen.

Und irgendwann… verstummten die Stimmen.

Denn wenn man sie sah – wirklich sah –, dann war da nichts Heimliches mehr.

Nur zwei Menschen, die sich gefunden hatten.

Trotz allem. Oder gerade deswegen.

Harry war wieder an Hermines Seite – wie immer, ein treuer Freund.

Ron brauchte länger, aber er schüttelte Draco eines Tages die Hand. Ungelenk. Wortlos.

Aber es war der Anfang von Akzeptanz.

Draco saß jetzt manchmal mit ihnen im Gras vor dem See. Nicht oft. Aber manchmal.

Hermine las ihm vor, während er mit dem Finger über ihren Handrücken strich.

Er küsste sie morgens, bevor der Unterricht begann – egal, wer zusah.

Sie lachte, wenn er sie mit hochgezogener Braue „Professorin Granger" nannte, bevor er sie in einen leeren Gang zog, um sie zu küssen.

Und wenn sie abends in den Raum der Wünsche gingen – der sich nun nicht mehr in Kerzenlicht kleidete, sondern in warme Decken, Bücherstapel und einem kleinen Kamin – dann lagen sie dort eng beieinander, redeten über die Zukunft.

„Weißt du noch, wie sehr ich dich früher gehasst habe?" fragte sie eines Abends mit einem Grinsen.

„Ich erinnere mich vage", murmelte er, zog sie an sich. „Du warst unerträglich rechthaberisch."

„Und du ein arroganter, verletzter kleiner Mistkerl."

Er lachte leise.

„Und trotzdem liebst du mich."

„Trotzdem?", fragte sie, sah ihn an.

Er grinste. Und küsste sie. Langsam. Liebevoll.

„Nein", sagte er dann. „Deswegen."

Und draußen fiel der erste Schnee auf Hogwarts.

Aber in ihrem kleinen Raum war es warm. Und sicher.

Und voller Liebe.