Liebe, Lüge, Wahrheit

Kapitel 89 - Armand

Der Regen hörte immer noch nicht auf, als er abseits der Frauenbewegung an dem Tor entlang zu seinen vier Kumpanen aus der Nationalgarde lief. Jules, Louis, Pierre und Lassalle hatten schon letztes Jahr seinem Bruder geholfen, dem weiblichen Kommandanten die Suche nach ihrem verschwundenen André schwer zu machen. Wenn Georges seinen Kameraden vertraute, (dann) warum sollte er das dann auch nicht tun? Besonders nachdem sie ihm den wahren Mörder von Georges preisgegeben hatten... Armand hatte es Anfang dieses Jahres versucht, Alain dafür büßen zu lassen, war aber gescheitert. Alain hatte unglücklicherweise das Attentat überlebt und führte mit seinen Männern aus der Nationalgarde gerade die Pariser zu dem Schloss, wo die Königin auf einem der Balkone rauskam und ihr Haupt vor dem Volk senkte. Jules, Louis, Pierre und Lassalle dienten zwar auch in der Nationalgarde, aber Alain ahnte nichts über ihre heimliche Verschwörung mit Armand und das war gut so. Heute kamen sie zusammen mit der Frauenbewegung nach Versailles und postierten sich unter Vorwand abseits der Menschen und nahe dem Stall, während Alain mit anderen Nationalgardisten und André bis zum Schloss marschierte.

Armand war das Geschehen um ihn herum gleichgültig. Auch Alain mit André interessierte ihn jetzt nicht. Noch nicht. Dennoch blieb er nicht weit vom Versteck stehen und warf einen Blick auf den Balkon, wo die Königin in der gebeugter Haltung stand. Aber nicht die Österreicherin erregte seine Aufmerksamkeit, sondern mehr dieses verfluchte Weib in Männerkleidern, wegen der seine Familie leiden musste! Seine Muskeln spannten sich an, seine nassen Hände formten sich zu Fäusten und der Gedanke, auf der Stelle dahin zustürmen und das Mannsweib zu erwürgen, bestärkte in ihm die rachsüchtigen Gefühle. Noch bildlich vor sich sah er seine Mutter, die wegen des Grafen de Girodel in den Wahn getrieben war und letztendlich Freitod wählte... Dann sein Vater, der an seiner Krankheit erlag... Und zuletzt sein jüngerer Bruder, an dem Meuchelmord von demjenigen begangen wurde, von dem er es nie erwartet hätte... Er hatte an den Gräbern seiner Eltern und seines Bruders wiederholt geschworen, dass er die Verantwortlichen vernichten würde. Armand versuchte die leidvollen Bilder seiner Familie in seinem Kopf erst gar nicht zu verdrängen, denn sie nährten seine Entschlossenheit nach Durchführung der Rache umso mehr.

Vier Soldaten aus der Nationalgarde lösten sich von ihren Posten an der Mauer ab und fluchend über den kalten Regen und das schaurige Wetter kamen auf ihn zu. Armand hatte ihnen einiges zu verdanken. Vor allem Jules und Louis, die von Anfang an ihren weiblichen Kommandanten nicht als ihren Befehlshaber akzeptieren wollten. Auch Pierre und Lassalle gehörten mit dazu. Sie hatten Anfang letzten Jahres sogar einen Beschwerdebrief an den König geschrieben, aber leider hatte diese Beschwerde nicht viel gebracht. Diese Abneigung der vier Kameraden gegenüber Oscar François de Jarjayes war für Armand sehr vorteilhaft. Als er letztes Jahr sich mit den vier Männern anfreundete, erzählte er alles über Augustin und dessen verkommene Adelsfamilie. Das schürte mehr Groll und Hass bei den engbefreundeten Kameraden. Somit hatte Armand sie auf seine Seite gewonnen und zu fünft war es viel leichter die Rache an all denjenigen zu nehmen, die das ganze Übel über seine Familie gebracht hatten...

Noch vor dem Attentat auf Alain, fand Armand bei Jules eine Bleibe am Rande der Stadt. Das war ein kleines, runtergekommenes Haus aus zwei Etagen. Jules lebte alleine dort, alle seine Familienangehörigen waren schon längst verstorben und er hatte sich nie die Mühe gemacht, das Haus in Ordnung zu halten. Für Armand und seine Pläne genügte auch das. In sein Heimatdorf kehrte er nie mehr zurück. Besonders als er hörte, dass ausländische Soldaten alles in seinem Dorf verwüstet und bis auf die alte Melisende die Bewohner entweder in die Flucht getrieben oder getötet hatten, empfand er keinen Bedarf dorthin zurückkehren zu wollen. Die wenigen Häuser dort, zusammen mit der Kirche und dem Wirtshaus, wurden bestimmt schon längst dem Zerfall überlassen.

Zu fünft schmiedeten sie in dem Häuschen von Jules in Paris lieber Pläne und setzten sie dann in die Tat um. Wie zum Beispiel bei dem Sturm auf die Bastille im heißen Juli dieses Jahres. Während Jules, Louis, Pierre und Lassalle ihrem Anführer Alain folgten und ihn mit der Einnahme der Festung ablenkten, konnte er, Armand, sich unbemerkt an dem noblen Offizier, der bei den Kanonen in den vordersten Reihen stand, von hinten ran schleichen und auf ihn hinterrücks einstechen. Aber nicht töten, denn er wollte ja Jean leiden sehen und das würde ihm am besten gelingen, wenn er die Menschen quälte, die seinem Widersacher lieb und teuer waren...

Um den Grafen am Leben zu halten, hatte er jedoch einen Arzt gebraucht und in der chaotischen Großstadt wollte er erst gar nicht nach einem suchen. Zusammen mit Jules und Louis hatte er die alte Melisende aus seinem Heimatdorf gezwungen mit ihm nach Paris zu gehen und seinen verletzten Gefangenen zu pflegen. Der Graf war ein gutes Druckmittel gegen Jean und seiner ganzen Familie, aber Melisende schien einer anderen Meinung zu sein und verhalf ihm zur Flucht. Nun, alles hatte seinen Preis und den hatte die alte Frau mit ihrem Leben bezahlen müssen...

Die vier Soldaten aus der Nationalgarde blieben um ihn herum stehen. „Wie wir es sehen, hattest du keinen Erfolg.", vernahm Armand die Bemerkung von Jules und kehrte aus seinen Gedanken zurück. Jules sprach schon weiter: „Augustin war von Anfang an ein schlaues Bürschchen und wenn du ihn wirklich in die Falle locken willst, dann brauchst du mehr als nur eine leere Drohung."

Armand knirschte mit den Zähnen. Darauf, dass er eine andere Vorgehensweise brauchte, war er schon selber gekommen. Nach dem misslungenen Gespräch mit seinem Widersacher musste er sich etwas Neues einfallen lassen. Augustin schien ihm nicht geglaubt zu haben und das ließ Armand zweifeln, ob sein Plan überhaupt aufgehen würde. Zwar hatte er ihm die Zeit bis morgen Abend gegeben, aber er hatte weder François noch Anna als Geisel bei sich. Also musste er schnell nach Paris, um all das, was er Augustin gesagt hatte, in die Tat umsetzen und zwar noch bevor Alain und André mit dem ganzen Frauenmob zurück in die Stadt kehrten!

Er brauchte unbedingt einen Lockvogel und Armand hatte da schon eine Idee... Seine beiden Mundwinkel zuckten leicht, seine Lippen formten ein boshaftes Lächeln und sein mörderischer Blick erdolchte die blondgelockte Frau in Männerkleidern auf dem Balkon, wo die Königin noch immer mit Würde und gesenktem Haupt vor dem Volk stand. Dann richtete sich die Österreicherin auf, die ehemalige Kommandantin der königlichen Garde stellte sich an ihre Seite und mit klarer, heller Stimme verkündete sie, dass der König bereit war, die Frauen im Schloss zu empfangen und ihr Anliegen anzuhören. Anmutig kehrte die Königin dem Volk den Rücken und beide Frauen gingen in das Innere des Gebäudes. Armand ließ seinen Blick auf seine Kumpanen schweifen. „Jules, Louis, ihr geht zum Haupttor und lockt Augustin hierher. Er müsste noch immer dort stehen. Euch, seinen Kameraden, wird er sicherlich mehr Glauben schenken als mir, denke ich. Pierre, Lassalle, ihr bringt uns die Pferde. Ich habe noch eine Kleinigkeit zu erledigen und werde spätestens in einer halben Stunde zurück sein." Er bewegte seine Füße und mischte sich unter die Frauen, die unter Führung von Alain in das Schloss hereingelassen wurden. In der Menschenmenge konnte Armand gut untertauchen und war praktisch unsichtbar. Er erreichte den Eingang ins Schloss und erspähte seinen anderen Widersacher: André lief an der Spitze der Bewegung neben Alain einher, aber für Armand waren die zwei vorerst nebensächlich.

Der König empfing die Frauen in dem großen Spiegelsaal. An seiner Seite stand General de Jarjayes und bellte lauthals den Befehl, dass alle ruhig sein sollten. Diesen Befehl leitete Alain weiter und es wurde halbwegs still im Saal. Armand erspähte, wie die Königin mit der blondgelockten Frau in Männerkleidern an einer Seite und mit ihren zwei Kindern und ein paar Hofdamen etwas hinter seiner Majestät stehen blieben. André stand noch immer bei Alain, obwohl Armand ihm ansah, dass er zu seiner Geliebten wollte. Auch sie schien ihn entdeckt zu haben und ihre Lippen formten für kurz ein Lächeln.

Ludwig XVI hörte das Anliegen der Frauen an und versprach ihnen Lieferungen von Lebensmitteln. Mittlerweile stand er im Zentrum der Menschenmenge. Armands Blick heftete sich nur auf die Mutter seines Widersachers. Seine Füße setzten sich langsam in Bewegung und seine Hand griff nach dem Messer in seinem Gurt.

Bedrängt von dem Mob unterschrieb der König die Menschenrechtserklärung und bewilligte die Abschaffung der Privilegien des Adels. So wie die Nationalversammlung es gefordert hatte. Die Menschen forderten kurz darauf den Umzug der gesamten königlichen Familie nach Paris und dann in den Palast der Tuilerien, in dem es schon seit mehr als über hundert Jahren niemand mehr wohnte.

„Die königliche Familie soll nach Paris ziehen!", forderte jemand lauthals und zustimmende Rufe folgten gleich darauf:

„Ja, ein König soll immer in der Nähe seines Volkes leben!"

„Sie sollen in das Palais de Tuilerien wieder einkehren!"

„Genau! Die frühere Könige haben dort schon immer gelebt!"

Armand nutzte diese Ablenkung aus, schaffte es, bis zur ehemaligen Kommandantin de Jarjayes von hinten ran zu schleichen, zückte sein Messer und wollte auf sie einstechen, als sie sich plötzlich umdrehte und ihn mit großen, blauen Augen ansah. André rief ihren Namen laut und stieß gleichzeitig einen Warnruf aus: „Oscar, hinter dir!"

„Verdammt!" Armand beeilte sich. Anstelle in den Rücken, rammte er das Messer in die Hüfte seines Opfers und flüchtete.

„Haltet ihn auf!", hörte er die heisere Frauenstimme im Befehlston ausrufen, aber niemand rührte sich vom Fleck. Alle schienen in eine Art Starre verfallen zu sein. Nur Andrés lautes: „Oscar!", hallte Armand hinterher, bevor er gänzlich den Spiegelsaal verließ und die Richtung zum Ausgang unverzüglich einschlug.

„Holt sofort einen Arzt!", die schrille Stimme der Königin erweckte die Lebensgeister der Menschen. Allerdings interessierte sich niemand für die verletzte Frau in Männerkleidern und die Menschen forderten von dem König weiterhin, mit seiner Familie nach Paris zurückzukehren. Vor allem die Frauen forderten den Umzug der königlichen Familie nach Paris in den Palais Tuilerien und riefen dabei, die Karren für sie sollen herbeigeschafft werden!

Oscar sackte derweilen in Andrés Armen zusammen und verlor ihr Bewusstsein. Alain verlor kurzerhand die Befehlsgewalt und war hin und her gerissen zwischen der verletzten Oscar und dem fordernden Frauenmob. General de Jarjayes brüllte zu André, er sollte Oscar von hier fortschaffen, während der König auf die Forderung des Volkes gezwungenermaßen einging. Das alles bekam Armand nicht mehr mit. Schnell erreichte er den Ausgang und prallte mit einem Knaben zusammen. Er wollte fluchen, als er den Knaben erkannte und noch bevor der Bursche realisieren konnte, wie ihm geschah, schlug er ihn mit einem präzisen Hieb am Nacken bewusstlos. Wie ein Sack zog er ihn sich auf den Rücken und trug ihn bis zum Versteck. Auf dem Weg zu seinen Freunden heiterte sich seine Stimmung immer mehr auf. Er sah die Pferde und auf einem von ihnen hing der bewusstlose Körper seines Widersachers. Jules und Louis hatten nicht lange nach Augustin suchen brauchen. Der Bursche lief ihnen schon bald selbst entgegen. Augustin war auf seine ehemaligen Kameraden getroffen und nichts Böses ahnend ging er mit ihnen zum Stall mit. Als sein mulmiges Gefühl sich verstärkte, war es zu spät. „Tut mir leid Kumpel, es ist nichts gegen dich persönlich.", sagte Louis und schlug ihn in die Magengrube. Augustin ging gekrümmt in die Knie und Jules schlug ihn bewusstlos nieder.

„Gut gemacht, meine Freunde! Ihr habt eure Belohnung redlich verdient!", lobte Armand und war sehr zufrieden mit diesem Ausgang. Er hatte zwar die Mutter der Zwillinge verfehlt und sie würde womöglich überleben, aber dafür hatte er sich seinen Widersacher, zusammen mit dessen Zwillingsbruder geschnappt und konnte mit ihnen anstellen, was er wollte! Es fehlten nur noch die zwei Weiber und die Rache konnte beginnen. Er hievte den bewusstlosen François vor Jules aufs Pferd.

„Zuerst müssen wir unsere Belohnung einfangen!", brummte Jules und zog François vor sich quer über den Sattel.

Armand stieg auf das Pferd mit dem bewusstlosen Augustin. „Nur Geduld, Freunde, mit diesen beiden Lockvögelchen werdet ihr eure Belohnung schon bald genießen können! Jetzt haben wir ein hübsches Druckmittel. Also los, wir haben noch einiges zu erledigen!"

„Sollen wir nicht lieber hier bleiben?", wandte Pierre mit Bedacht ein. „Alain wird es sofort auffallen, dass wir nicht mehr auf unseren Posten sind."

„Wir werden nicht mehr zurückkehren.", sagte Jules schulterzuckend und trieb schon sein Pferd an.

Pierre tauschte mit Lassalle einen nichtssagenden Blick, stieg aufs Pferd und folgte mit ihm seinen Kameraden, die es kaum erwarten konnten, ihre Belohnung zu erhalten. Geschwind ritten sie nach Paris. Die Körper der Zwillingsbrüder baumelten in den Satteln wie nasse Säcke und bekamen den harten Ritt kaum mit. Am Haus von Alain hielten die fünf Reiter an. Louis hielt das Pferd von Armand an den Zügeln, während dieser aus dem Sattel stieg und an der Tür klopfte. Niemand öffnete. Er klopfte noch mal und noch kräftiger als zuvor, aber auch da passierte nichts.

„Es scheint niemand zuhause zu sein.", meinte Lassalle und war innerlich froh darüber. Ihm behagte es nicht, die Schwester von Alain einzufangen. Für einen Rückzieher war es jedoch zu spät. Eigentlich wollte er nur seinem Freund und Kamerad Pierre helfen, als dieser ihm letztes Jahr um Hilfe bei einer gerechten Sache bat. Es ging um den Bruder von Georges und wer ihn getötet hatte. Pierre erwähnte, dass Jules und Louis Alain verraten hatten, weil ihnen Diane genauso gefiel wie Georges vor seinem Tod. Und Pierre mochte Diane auch sehr, weshalb er sich seinen beiden Freunden auch anschloss. Allerdings brauchten sie noch einen Mann. Pierre schlug Armand Lassalle vor und dieser ging auf die Bitte seines Freundes ein – nichts ahnend, was für heimtückische Rachepläne dort überhaupt geschmiedet wurden. Nun war er so sehr in dieser Sache verstrickt, dass es keinen Weg mehr zurück gab. Ob er wollte oder nicht, er machte mit, denn Armand sah nicht danach aus, dass er diejenige, die aus dem Spiel ausstiegen, am Leben lassen würde.

Armand stieg bereits auf sein Pferd zurück. „Louis, du bleibst hier und sobald jemand eintrifft, meldest du es uns!", beschied er und ritt mit den anderen drei davon.

In dem kleinen Haus von Jules trugen die Männer ihre beiden Opfer aufs Dachgeschoss und sperrten sie in zwei verschiedenen Kammern ein. Die Zwillinge wurden an einem Pfosten, der das Dach des Hauses stützte, gefesselt. Deren Schwerter wurde ihnen abgenommen und das wenige Geld, was sie an ihrer Gürteltasche befestigt hielten, auch.

Dabei kam Augustin zu sich. Sein Kopf und Körper schmerzten höllisch. Er versuchte sich zu bewegen, aber stellte fest, dass er gefesselt war. Langsam klärte sich seine Sicht und er sah drei ihm sehr bekannte Gesichter. „Dafür wirst du büßen, Armand!", knurrte er wie ein bissiger Hund.

„Nicht bevor du zuerst gebüßt hast!" Armand verpasste ihm einen Tritt gegen das Schienbein und schaute zu Lassalle: "Kneble ihn, damit er nicht so viel redet!" Dann ging er mit Jules und Pierre in ein anderes Zimmer.

Lassalle band Augustin sein Halsschall ab und wagte ihm nicht in die Augen zu sehen, aber er hörte seine krächzende Worte genau: „Nachdem meine Mutter dich letztes Jahr vor dem militärischen Gericht bewahrt hat, hilfst du diesem Scheusal?"

„Es tut mir leid...", murmelte geknickt Lassalle und knebelte ihm den Mund mit dem Halsschal fest zu. Seine Finger zitterten, er beeilte sich und war einiger maßen erleichtert, als er fertig wurde. Hastig verließ er das Zimmer, um lieber hinter der Tür Wache zu schieben und holte tief Luft. Vor der anderen Tür stand schon Pierre. Wieder tauschten die beiden einen Blick und lauschten der Unterhaltung zwischen Armand und Jules im großen Raum vor der Treppe, die ins untere Geschoss führte. Am Tisch lagen die zwei Schwerter von den Zwillingsbrüdern.

„Es ist jammerschade, dass niemand zuhause war. Ich bezweifle jedoch, dass Alain seine Weiber bis nach Versailles mitgenommen hat, denn sonst würden sie alle mit André am Tor bei Jean stehen.", vermutete Armand.

„Aber irgendwo müssen die doch sein." Jules überlegte und ihm ging ein Licht auf. „In der Nacht, vor dem Sturm auf die Bastille, gab es doch diese Beratung mit Bernard Chatelet. André und unsere ehemalige Kommandantin sind gut mit ihm und seiner Frau befreundet, habe ich gehört. Vielleicht sind Anna und Diane gerade bei ihm?"

„Das wäre möglich, denn an der Frauenbewegung nahmen sie nicht teil.", ergänzte Pierre von seinem Platz aus. „Soweit ich weiß, ist Bernard mit anderen Bürgern am Rathaus vom Bürgermeister geblieben, als Alain mit uns das größte Teil der Frauenbewegung nach Versailles führte."

„Alles ist möglich." Armand suchte nach einer Lösung. „Weiß jemand wo dieser Bernard wohnt?" Die drei schüttelten verneinend die Köpfe und Armand fuhr fort. „Dann schauen Jules und ich uns in der Stadt um." Er schnappte sich die beiden Schwerter vom Tisch und verließ mit Jules das Haus.

Auf den nassen Straßen von Paris waren kaum Menschen unterwegs. Aber wenigstens der Regen hatte aufgehört. Auf ihren Pferden erreichten die zwei Männer schnell ihr Ziel und zügelten unmittelbar davor die Tiere. Mit Argusaugen erkundeten sie das Geschehen aus der kurzen Entfernung. Am Rathaus befanden sich noch immer viele Menschen. Fast beim Eingang, auf der großen Treppe, stand ein braunhaariger Mann und hielt seine Rede über die Rechte der Menschen und dass die Frauenbewegung in Versailles sicherlich großen Erfolg haben würde. Jules zeigte auf den Redner, der eine gewisse Ähnlichkeit mit André hatte. „Das ist Bernard." Um ihn herum standen Bürger und an seiner Seite vier Frauen. Jules Gesicht erhellte sich für einen kurzen Augenblick. „Das sind doch unsere zwei Täubchen! Wie wollen wir sie aus der Menge locken und unbemerkt mit ihnen verschwinden? Neben ihnen stehen noch die Geliebte von Alain und die Frau von Bernard."

„Hmmm..." Armand überlegte. „Locke sie aus der Menge raus, zu mir und dann schnappen wir sie uns."

„Und wie?", fragte Jules und Armand reichte ihm die beiden Schwerter der Zwillinge. „Zeige ihnen das hier, aber unauffällig und sei vorsichtig."