Nachsitzen bei Mr. Journey war gar nicht so schlimm, obwohl Alexandra jedes Mal ein wenig das Gesicht verzog, wenn er sie „Starshine" nannte, und dann David böse anstarrte, da er das sehr amüsant fand. Viel schlimmer war die Tatsache, dass sie und David jeden Abend die Rash-Zwillinge und Larry Albo sehen mussten, wenn sie alle zum Nachsitzen kamen.
Journey schien der einzige Hausmeister und Gärtner der gesamten Akademie zu sein, obwohl er, wie er David und Alexandra erklärte, viel Hilfe bekam. „Normal von Schülern, die ungezogen war'n", sagte er mit einem Augenzwinkern.
Aber ein Großteil der Arbeit wurde auch von Hauselfen erledigt, oder wurde bis vor kurzem getan. Jetzt erledigten Räderwerke viele der Routinearbeiten wie Staubwischen, Fegen, Wischen, Polieren, Müllabfuhr und Rasenmähen auf den ausgedehnten Rasenflächen der Charmbridge Academy.
Die metallischen Golems waren allerdings nicht sehr schlau, und Journey erklärte, dass man sie bei bestimmten Routineaufgaben zwar unbeaufsichtigt lassen könne, aber alles, was eine Herausforderung darstellen könnte, sie entweder so sehr verwirre, dass sie erstarrten, oder sie würden ungeachtet der Schwierigkeit einfach weitermachen, was oft katastrophale Folgen habe.
„Manche Kinder lassen gern Verschwindende Flecken und Apportations-Pfützen da, wenn die Räderwerke saubermachen", sagte Journey. „Wenn sich niemand um diesen Quatsch kümmert, jagen ihnen die Kerlchen hinterher, bis ihre Zahnräder abgenutzt sin'. Sie sin' auch echt schlecht im Entgnomen."
„Entgnomen?" Alexandra war neugierig. Sie hatte in Larkin Mills schon Gnome gesehen, aber nie daran gedacht, sie loszuwerden.
„Keine Sorge, ich werd' dich nich' dazu zwingen. Das is' normal 'ne Aufgabe für'n paar von den älteren Kindern. Räderwerke sin' dafür zu langsam und nich' schlau genug. Ich hätt' nie gedacht, dass ich's mit was zu tun hab', das 'n Gnom überlisten könnte." Journey kicherte.
„Troublesomes Lehrer auch nicht", flüsterte Larry, gerade leise genug, dass der Hausmeister ihn nicht hörte. Die Rash-Zwillinge kicherten.
„Ich dachte, Jarveys sind gut darin, Gnome loszuwerden", sagte David. „Das sagt Angelique zumindest."
„Ich bin sicher, sie hätte gern, dass Honey in irgendwas gut ist", schnaubte Alexandra.
„Deine Mutter hätte gern, dass du in irgendwas gut bist", flüsterte Larry. Alexandra wandte sich ihm mit einem mörderischen Blick zu, aber er setzte einen Ausdruck demonstrativen Interesses an den Räderwerk-Golems auf, als Journey sie hinausmarschieren ließ.
„Wir verwenden keine Jarveys, nich' mehr", sagte Journey.
Jeder von ihnen wurde mit der Leitung einer Gruppe von Räderwerken betraut. David wurde mit seinen Räderwerken zum Putzen in die Cafeteria geschickt, während Alexandra ihre Putz-Golems beaufsichtigte, die in den Korridoren vor den Schlafsälen der Sechstklässler Böden und Wände schrubbten. Albo und die Rashes wurden in die Voliere und in den Stall geschickt. So verbrachten sie den Rest der Woche jeden Abend, während die anderen Kinder ihre Schulkleidung auszogen und nach draußen oder in einen der Aufenthaltsräume gingen.
Darla und Angelique winkten mitfühlend, als sie vorbeigingen. Constance und Forbearance nickten ihr mit schuldbewusster Miene zu. Alexandra zuckte die Achseln. Anna kam vorbei, um im Flur mit ihr zu plaudern, aber einer von den Lehrern, die die Flure patrouillierten, verjagte sie normalerweise mit den Worten: „Miss Quick hat Nachsitzen, nicht geselliges Beisammensein!"
Dann gab es die Kinder, die grinsten und sagten: „Pass auf, dass du den Fleck da drüben nicht übersiehst, Troublesome!"
Nach dem ersten Abend störte es Alexandra nicht mehr so sehr. Zweifellos sollte es Teil ihrer Strafe sein, dort in voller Sicht der übrigen Schule stehen zu müssen, aber bald war es eher langweilig als alles andere. Eigentlich sah sie nur zu, wie Räderwerke putzten. Die Arbeit war so einfach, dass sie vermutete, dass sie ihre Aufsicht nicht wirklich brauchten. Nur einmal musste sie einen um ein Hindernis herumlenken. Meistens schien sie nur da zu sein, um zu verhindern, dass andere Schüler sie störten.
Wenn sie jeden Abend in ihr Zimmer zurückkehrte, war es fast Schlafenszeit. Sie hörte Darla und Angelique über Zauberschach oder Zauberschnippschnapp oder musikalische Zauberstäbe reden, während Anna ihre Abende mit Lernen zu verbringen schien.
Alexandra hatte nie viel Zeit mit Lernen verbracht, aber sie las viel, und ihre Schulbücher waren genauso interessant wie die Mythologie- und Märchenbücher, die sie zu Hause las. Sie hatte auch den brennenden Wunsch, ihrem Zauberförderunterricht und dem damit verbundenen Stigma zu entkommen. Mit diesem Anreiz machte sie ihre Hausaufgaben tatsächlich fleißig und las sogar in ihren Schulbüchern über den Stand des Unterrichts hinaus. Ihre Eltern und ihre Lehrer an der Larkin Mills-Grundschule wären erstaunt gewesen.
Alexandra kam es so vor, als sei sie viel schlauer und talentierter als die anderen Kinder in ihrer Klasse, aber das dachte sie normalerweise auch in Larkin Mills – Noten oder Schularbeiten waren ihr einfach zu egal, um sich darüber Gedanken zu machen. Jetzt ärgerte sie sich darüber, dass sie Magie langsamer lernte als in einer normalen Klasse. Sie war sich sicher, dass sogar Mr. Hobbes, Mr. Newton und Mr. Grue ihre Bemühungen bemerkten. Bei Ms. Grinder war sie sich nicht so sicher, die in ihrem Unterricht in Zaubererweltgeschichte immer wieder abschweifte und sich über das Department of Magical Education, den Zauberer-Kongress oder den Gouverneur-General beschwerte, der anscheinend ein unerträgliches, engstirniges, sexistisches Schwein war.
In Praktische Magische Übungen spielten sie weiterhin Spiele, bei denen sie mit ihren Zauberstäben Dinge bewegen oder verwandeln mussten. Alexandra bemerkte, dass die älteren Kinder oft ähnliche Spiele spielten, aber mit viel beeindruckenderen Ergebnissen. Sie hörte auch viel mehr über Quidditch und Quodpot. Die Auswahlrunden für die Teams waren in ein paar Wochen. David war entschlossen, Quidditch zu spielen, obwohl sie ihre erste Besenstunde erst am Freitag haben würden. Alexandra interessierte sich nicht für Mannschaftssportarten, bis sie herausfand, dass sich Quodpot um einen explodierenden Ball drehte.
Beim Abendessen gegen Ende der Woche sprachen sie und David über Besenspiele. Benjamin und Mordecai Rash gingen vorbei und skandierten leise:
„Troublesome ist eitel, hochmütig, verrucht,
Troublesome ist heillos, Belastung, verflucht."
Constance und Forbearance erröteten und schauten nach unten, als die Rash-Zwillinge weiter zu ihrem Tisch gingen.
„Es tut uns von Grund auf leid", sagte Constance leise.
„Es ist alles in Ordnung", sagte Alexandra und unterbrach sie, bevor sie erneut mit Selbsterniedrigung und Entschuldigungen hin und her stürmten.
„Warum bist du überhaupt so an dieser Quidditch-Sache interessiert?" fragte Alexandra David. „Anna sagte, es wird hauptsächlich in Europa gespielt."
„Es wird auch hier gespielt. Quodpot ist nur beliebter. Warum interessierst du dich so für Quodpot?"
„Weil es einen explodierenden Ball hat!" antwortete Alexandra begeistert.
„Kennst du überhaupt die Regeln von Quodpot oder weißt du nur, dass es einen explodierenden Ball hat?" fragte David sarkastisch. Angelique kicherte ein wenig, über den Tisch hinweg.
„Quidditch klingt wie ein Weichei-Spiel", sagte Alexandra. „Wer will schon einem ‚Goldenen Schnatz' nachjagen?"
David runzelte die Stirn. „Fang gar nicht erst damit an, Troublesome. Und zu deiner Info: Quidditch ist auch gefährlich. Die Spieler werden von diesen mörderischen Bällen namens Klatscher gejagt, die wie Lenkraketen hinter einem her sind."
„Was ist eine Rakete?" fragte Darla.
„Wie eine Kreuzung zwischen einem Klatscher und einem Quod", sagte David. „Sie jagen dich und explodieren dann."
„Und Muggel spielen damit?" fragte Darla zweifelnd.
Alexandra und David sahen sich an und schüttelten den Kopf.
„Wisst ihr", sagte Darla unbekümmert, „ich bin mir nicht sicher, ob sie Schüler in Förderklassen überhaupt Mannschaftssportarten spielen lassen."
„Besonders nicht, wenn sie Nachsitzen müssen", sagte Angelique. „Übrigens, schöne Aufsätze." Sie kicherte erneut. David und Alexandra erröteten beide.
Ihre Aufsätze über die Wichtigkeit des richtigen Verhaltens für junge Zauberer und Hexen waren an den Anschlagbrettern in allen Fluren der Wohnheime der Klassen sechs bis zwölf ausgehängt worden, zusammen mit ähnlichen Aufsätzen von Larry Albo und Benjamin und Mordecai Rash. Alexandra hatte ihren Aufsatz mehrmals „überarbeiten" müssen. Ihr erster Entwurf endete mit: „Selbst wenn irgendein dummer, arroganter Arsch es wirklich, wirklich verdient, dass ihm das Gesicht eingeschlagen wird, ist es falsch, das zu tun, besonders in der Öffentlichkeit, denn selbst wenn es dem hässlichen, widerlichen, übelriechenden Idioten eine Lektion erteilen würde, ist es wirklich dumm, es vor Zeugen zu tun, und es lässt die Charmbridge Academy in einem schlechten Licht dastehen."
Miss Marmsley teilte ihr mit, dass dies nicht ganz das Maß an Zerknirschung war, das die Dekanin erwartet hatte, und es brauchte mehrere weitere Versuche, bis Alexandras Aufsatz als angemessen erachtet wurde.
„Nächste Woche sind wir aus dem Nachsitzen raus", sagte David, aber er sah ein wenig besorgt aus.
„Und ich bin bald aus dem Förderunterricht raus", erklärte Alexandra zuversichtlich.
David sah sie an, ebenso überrascht wie die anderen Kinder, und verlangte zu wissen: „Wer sagt das?"
Alexandra zuckte mit den Schultern. „Ich wette, wenn ich den SPAWN jetzt wiederholen würde, würde ich besser abschneiden. Sie können uns doch nicht für immer im Förderunterricht lassen, oder?"
„Nur ein Dekan kann dich aus dem Förderunterricht herausnehmen", sagte Anna.
„Dann werde ich die Dekanin fragen", sagte Alexandra.
Am Tisch herrschte Stille, und dann kicherte David. „Ja, klar."
Alexandra starrte ihn wieder wütend an.
„Ach, komm schon", sagte David. „Keine Chance, dass du die Dekanin fragst."
„Wetten?" antwortete sie trotzig.
„Es ist erst eine Woche her", sagte Darla. „Du würdest es nicht wagen, die Dekanin so schnell zu belästigen, besonders nicht jetzt." Sie lachte, aber das Lachen wurde unsicher, als Alexandra ihren Blick auf das andere Mädchen richtete.
„Ich habe keine Angst vor Ms. Grimm", sagte Alexandra.
„Jeder hat Angst vor Ms. Grimm", sagte Anna.
„Ich nicht!" sagte Alexandra.
„Ja, klar", schnaubte David, der sich zweifellos an ihre Begegnung im Büro der Dekanin erinnerte, als Ms. Grimm wie ein wütender Geist der Vergeltung über ihnen aufragte und Blitze und Bosheit ausstrahlte.
Alexandras Gesicht wurde stürmisch. Es war ein Blick, den Brian Seabury erkannt hätte.
„Okay, tu es", sagte David. „Beweise, dass du kein Schisser bist."
„Schisser?" rief Alexandra wütend.
David seufzte und schüttelte den Kopf. „War nur'n Witz. Komm schon, du weißt schon –"
Aber Alexandra hörte nichts mehr. „Morgen", sagte sie. „Schau einfach zu."
„Nein, ich werde nicht zuschauen!" David starrte sie an. „Sei nicht blöd, Alex. Ich hab' nur Spaß gemacht!"
„Warum sollte sie beweisen müssen, dass sie kein Schießer ist?" fragte Darla verwirrt. Aber Alexandra verließ bereits den Tisch, war mit dem Abendessen fertig und entschlossen, die wenige Zeit, die sie hatte, bevor sie Ben Journey zum Nachsitzen treffen mussten, mit dem Lernen aus ihren Schulbüchern zu verbringen.
„Dickköpfig", seufzte David und schüttelte den Kopf, als sie ihr alle nachsahen.
„Troublesome", flüsterten Constance und Forbearance.
Als Alexandra in ihr Zimmer kam, öffnete sie ihren Schreibtisch, um ihre Schulbücher und Schreibunterlagen herauszuholen, und bemerkte sofort, dass etwas fehlte: das Medaillon, das sie ebenfalls dort liegen gelassen hatte.
„Charlie! Wo ist mein Medaillon?" fragte sie.
Der Rabe krächzte und schlug aufgeregt mit den Flügeln.
Alexandra sah sich um und in und unter dem Käfig um, durchsuchte dann das Zimmer, das sie mit Anna teilte, und wandte sich schließlich wütend ihrem Vertrauten zu. „Ich hab' dir gesagt, du darfst es behalten, nicht verstecken!" sagte sie. „Jetzt gib es zurück!"
Charlie krächzte erneut, diesmal mit einem schrilleren und wütenderen Ton, während er sich nach vorne beugte und ihr seinen Schnabel entgegenstreckte.
Alexandra runzelte die Stirn, betrachtete ihren Schreibtisch und sah dann wieder zu Charlie. Sie hatte nicht daran gedacht, ihre Schreibtischschublade abzuschließen, aber sie war sich nicht sicher, ob Charlie tatsächlich stark genug war, sie aufzuziehen. Andererseits wusste sie, dass Raben schlau waren, und vielleicht war Charlie nach dem Zauber, den sie an der Unsichtbaren Brücke gewirkt hatte, noch immer ein bisschen stärker als sonst.
„Ich will mein Medaillon wirklich zurück, Charlie", sagte sie. „Es ist eine Sache, wenn du damit spielst, aber es ist mir wichtig, und du solltest mir nichts stehlen."
Charlie gab ein leises, trillerndes Geräusch von sich und sah Alexandra mit zur Seite geneigtem Kopf an.
Sie runzelte unglücklich die Stirn. „Ich würde es hassen, deinen Käfig abschließen zu müssen", sagte sie und trug ihre Bücher aus ihrem Zimmer in den Aufenthaltsraum der sechsten Klasse.
Sie konnte nur ein Kapitel aus „Zaubertränke für Anfänger" lesen, bevor es Zeit fürs Nachsitzen war. Sie rannte zurück in ihr Zimmer und bemerkte, dass Charlie weg war, als sie ihre Bücher zurück in ihren Schreibtisch warf, aber das Medaillon war auch immer noch weg. Dann rannte sie zu Ben Journeys Büro, um an diesem Abend auf Räderwerke aufzupassen.
Alexandra war am nächsten Tag in ihrem Unterricht ein Musterbeispiel an Fleiß und Aufmerksamkeit. David sagte wenig, schien aber von ihrer untypischen Gelassenheit in Zaubersprüchen und Verwandlungen verwirrt zu sein. Nach einer Woche verbrachte Mr. Newton immer noch einen Großteil des Unterrichts damit, ihnen grundlegende Zauberstabpositionen und -bewegungen einzubläuen, aber er begann, über Beschwörungen zu sprechen und versprach, dass sie nächste Woche vielleicht tatsächlich ein paar Zaubersprüche wirken dürften.
Selbst Mr. Grue konnte weder an ihrem Verhalten noch an ihren Arbeitsblättern etwas aussetzen, auf denen sie die sechs Zutaten aller Zaubertränke der sechsten Klasse und die Eigenschaften von elf davon (eine mehr, als er verlangt hatte) korrekt auflistete. Sie war jedoch ungeduldig, weil sie bisher nichts außer ihren Büchern in die Hände bekommen hatten. Grues Vorratsschrank blieb verschlossen und seine Kessel blieben während des Alchemie-Förderunterrichts kalt und auf den Regalen, obwohl Alexandra aus dem, was David ihr erzählt hatte, wusste, dass die reguläre sechste Klasse jetzt tatsächlich ihre ersten Geringen Medizinischen Tinkturen mischte.
Alexandra war noch immer in zuversichtlicher, fröhlicher Stimmung, als sie und die anderen Sechstklässler sich zu Praktische Magische Übungen versammelten. Sie sah, dass die meisten Schüler um eine große Bronzestatue versammelt waren. Sie überragte sie alle, und Alexandra dachte, der dicke, bärtige Mann käme ihr bekannt vor, doch dann wurde ihr klar, dass es derselbe Hexenmeister war, dessen Porträt über dem Eingang zum Flur von Delta Delta Kappa Tau hing.
Alexandra war auch überrascht, Ms. Shirtliffe zu sehen. Sie hatte Ms. Shirtliffe seit ihrem SPAWN nicht mehr gesehen und war sich nicht sicher, welche Klasse sie eigentlich unterrichtete.
Immer noch in schwarzes Leder gekleidet, lächelte Ms. Shirtliffe die versammelten Schüler gespannt an.
„Guten Tag. Ich habe gehört, dass ihr die ganze Woche damit verbracht habt, Spiele zu spielen, in denen ihr das Bewegen von Dingen geübt habt. Das ist eine gute Übung für die heutige Herausforderung, die einfach lautet: Bewegt diese Statue."
„Macht sie Witze?" murmelte David und blickte von oben bis unten an der Bronzestatue hinab, die so viel wiegen musste wie ein ziemlich großes Auto.
„Nein, ich mache keine Witze", sagte Ms. Shirtliffe. David schreckte auf, obwohl Alexandra dachte, sie hätte vielleicht auf die ungläubigen und bestürzten Blicke reagiert, die sich auf den Gesichtern vieler Schüler widerspiegelten. „Natürlich erwarte ich nicht, dass viele von euch sie überhaupt bewegen können, und ich erwarte auch nicht, dass irgendjemand von euch sie sehr weit bewegen kann. Sogar viele Schüler der elften und zwölften Klasse werden mit dieser Aufgabe Probleme haben. Es ist jedoch gut, sich ab und zu einer gewaltigen Herausforderung zu stellen. Also ist jeder mal dran. Es ist keine Schande, zu scheitern, nur, es nicht zu versuchen."
Einer nach dem anderen stellten sich die jüngeren Schüler der sechsten bis achten Klasse auf und richteten ihre Zauberstäbe auf die Bronzestatue. Die Schüler der siebten und achten Klasse verwendeten Beschwörungsformeln und versuchten, Schwebe- oder Blitzzauber zu wirken, mit sehr wenig Wirkung, während die Schüler der sechsten Klasse, die kaum Gelegenheit gehabt hatten, viele Zauber zu lernen, sich meist nur konzentrierten und mit ihren Zauberstäben darauf zeigten, mit noch weniger Wirkung.
Darla und Angelique gaben nach ein paar Augenblicken auf. David konzentrierte sich, bis ihm der Schweiß auf die Stirn trat, aber die Statue wackelte kaum. Anna versuchte, die Statue schweben zu lassen, und sprach dann einen Zauberspruch auf Chinesisch. Sie war am meisten niedergeschlagen über ihr Versagen.
Constance und Forbearance standen zusammen vor der Statue und richteten gleichzeitig ihre Zauberstäbe darauf. „Levostatua!" sagten sie im Chor. Einige der älteren Schüler hatten diesen Zauberspruch versucht, und es schien, als würden die Pritchards sie nachahmen, aber die Statue bewegte sich, nur ein paar Zentimeter.
„Gut gemacht!" sagte Ms. Shirtliffe.
„Sie haben geschummelt!" protestierte Larry. „Es soll einer nach dem anderen sein!"
„Das ist kein Wettbewerb, Albo", sagte Shirtliffe. „Warum versuchst du es nicht?"
Alexandra grinste ihn an, als Larry seinen Zauberstab hob. Er schenkte ihr ein höhnisches Grinsen und sagte dann: „Accio Statue!" Die Bronzefigur schwankte ein wenig in seine Richtung und sank dann wieder auf ihren Sockel zurück.
„Gut gedacht, Albo", sagte Ms. Shirtliffe. Er lächelte, bemerkte aber den sarkastischen Ton ihrer Stimme nicht. Sein Lächeln verblasste, als sie fortfuhr. „Hast du darüber nachgedacht, was passieren würde, wenn das tatsächlich funktioniert hätte? Es gibt einen Grund, warum Beschwörungszauber erst in der neunten Klasse gelehrt werden."
Er schlich sich unter nervösem Gelächter wieder in die Menge zurück. Als nächstes traten die Rash-Zwillinge vor, sahen Constance und Forbearance irritiert an, bevor sie ihre Zauberstäbe hoben und lauthals „LEVOSTATUA!" brüllten.
Sie wackelte, bewegte sich aber nicht. Constance und Forbearance schauten weg, ihre Mienen blieben vorsichtig neutral. Alexandra lachte laut, woraufhin sich die Ozarker-Jungen mit roten Gesichtern und immer noch umklammerten Zauberstäben in ihre Richtung drehten.
„Also, Quick, dann wollen wir mal sehen, was du kannst", sagte Ms. Shirtliffe scharf. Die Rashes senkten ihre Zauberstäbe und traten grinsend zurück.
Alexandra war sich bewusst, dass alle sie beobachteten, als sie zu der schweren Bronzestatue aufblickte. Sie starrte sie einen Moment an, hob dann ihren Zauberstab und sagte:
„Die Statue ist tonnenschwer,
bewegen kann sie keiner mehr,
es wär' leichter, wär' sie kleiner,
darum schrumpf', das wäre feiner!"
Alle lachten, aber viele Kinder erschraken, als die Statue tatsächlich auf die Höhe von Alexandras Knien schrumpfte. Sie trat vor, hob sie mit einiger Mühe auf, da sie immer noch ziemlich schwer war, und trug sie zu Ms. Shirtliffe.
„Sie haben nicht gesagt, wie wir sie bewegen müssen", sagte sie.
Ms. Shirtliffe lächelte sie dünn an. „Nein, habe ich nicht."
Viele Kinder lachten jedoch immer noch. „Sie hat Knittelverse verwendet!" sagte jemand.
„Das ist Babymagie!" sagte Larry.
Ms. Shirtliffe gestikulierte mit ihrem Zauberstab und ließ die Statuette aus Alexandras Händen schweben und zurück an ihren Platz auf dem Boden, dann brachte sie sie mit einem weiteren Zauber wieder auf ihre vorherige Größe. „Übt weiter!" sagte sie zu den anderen Schülern.
„Was sind Knittelverse?" fragte Alexandra Ms. Shirtliffe.
„Zaubersprüche mit einem improvisierten Reim zu sprechen, wie du es getan hast", sagte die Lehrerin. „Das wird normalerweise nur von kleinen Kindern und gelegentlich von ungebildeten Heckenhexen gemacht."
„Ich verstehe nicht, warum es keine richtige Magie ist, wenn es funktioniert!" sagte Alexandra verärgert.
Ms. Shirtliffe sah auf sie herab.
„Über den Tellerrand hinauszuschauen, Quick, ist ein wertvolles Talent", sagte die Lehrerin. „Und ob Knittelverse oder nicht, das war ziemlich beeindruckend, besonders in deinem Alter." Sie sah auf und beobachtete, wie einige weitere Achtklässler versuchten, die Statue zu bewegen, und es schafften, sie noch ein paar Zentimeter weiter zu bewegen. „Aber so irritierend der Drang zur ‚Standardisierung' auch sein mag, es gibt Gründe dafür. Wenn du denselben Zauber noch einmal versuchen würdest, glaubst du, er würde funktionieren?"
Alexandra dachte einen Moment nach und sagte: „Wahrscheinlich nicht. Ich muss mir jedes Mal einen neuen ausdenken, wenn ich etwas versuchen will."
Ms. Shirtliffe nickte. „Vielleicht verstehst du in ein paar Jahren, wenn du Fortgeschrittene Zaubertheorie belegt, warum. Auf jeden Fall könnte eine richtig ausgebildete Hexe diese Statue mit ein oder zwei Worten bewegen, anstatt mit einem Kinderreim. Und wenn du weiterhin Knittelverse verwendest, werden sie zu einer Krücke. Lass mich nicht hören, wie du sie noch einmal verwendest, sonst lasse ich dich noch einen Aufsatz schreiben."
Alexandra sah missmutig aus, als sie zu ihren Freunden zurückkehrte.
Anna wirkte eher mitfühlend als beeindruckt. „Du willst wirklich nicht dabei gesehen werden, wenn du Knittelverse verwendest. Das gilt als…"
„Unterschichtenmäßig", sagte Darla.
„Oder babymäßig", sagte Angelique.
„Was war das überhaupt für ein Reim?" fragte David.
Alexandra verdrehte die Augen. „Du hast dich nicht über meinen Reim beschwert, als er dir das Leben gerettet hat", stellte sie fest.
David sah tatsächlich beschämt aus. „Ja, das stimmt."
Die Unterrichtsstunde war zu Ende. Normalerweise blieb ihnen so noch ein wenig Zeit bis zum Abendessen, aber Alexandra eilte in eine andere Richtung als zur Delta Delta Kappa Tau-Halle.
„Wohin gehst du, Alex?" rief David ihr nach.
„Zu Ms. Grimm!" Sie marschierte weiter zum akademischen Büro und ließ ihre Freunde hinter sich, die ihr nachstarrten.
Miss Marmsley war nicht amüsiert. „Wurdest du schon wieder hierher geschickt, um diszipliniert zu werden?" fragte sie von ihrem Porträt über Alexandras Kopf.
„Nein", sagte Alexandra. „Ich möchte Dekanin Grimm sprechen."
Miss Marmsley sah verblüfft aus. „Du willst Dekanin Grimm sprechen? Wozu?"
„Ich möchte mit ihr über meine Kurse sprechen." Als Miss Marmsley ungläubig nach unten starrte, richtete sich Alexandra auf und versuchte, angemessen flehend auszusehen. „Ich meine, es muss nicht sofort sein, Miss Marmsley. Ich könnte einen Termin vereinbaren."
„Natürlich wird das nicht sofort sein!" schnappte die Sekretärin. „Du glaubst doch nicht, dass du die Dekanin sehen kannst, wenn es dir passt? Aber die Dekanin der Akademie ist nicht in die Stundenpläne der einzelnen Schüler involviert. Wenn du über deine Kurse sprechen musst, ist der Dekan deiner Jahrgangsstufe dafür zuständig. Bist du dir absolut sicher, dass du mit Dekanin Price sprechen möchtest, junge Dame? Wenn das Zeitverschwendung ist, wird sie nicht erfreuter sein als Dekanin Grimm!"
„Ich bin mir sicher", sagte Alexandra.
Marmsley warf ihr von ihrem Platz über ihr einen schielenden Blick zu und seufzte dann. „Also gut." Sie drehte sich zu dem Schreibtisch, der hinter ihr gemalt war, um und öffnete eine Schublade, um eine Schriftrolle herauszunehmen, die sie entrollte und durch ihre Brille betrachtete. „Mrs. Price hat Montagmorgen Zeit. Sei nach dem Frühstück hier, aber vor deiner ersten Unterrichtsstunde."
„Ja, Miss Marmsley", sagte Alexandra und drehte sich um, um zurück in die Schlafsäle zu gehen.
Anna wartete, nervös.
„Entspann dich", sagte Alexandra. „Ich habe einen Termin vereinbart. Miss Marmsley wollte mich nicht zu Dekanin Grimm lassen. Sie sagte, ich muss mit Dekanin Price sprechen."
„Oh", sagte Anna und sah erleichtert aus.
Bevor sie zum Abendessen gingen, krächzte Charlie sie an. Alexandra bemerkte etwas, das zu Füßen des Raben lag. Ihr Medaillon.
„Danke, Charlie", sagte Alexandra. Sie griff danach, und dieses Mal wehrte sich Charlie nicht, als sie ihr das Medaillon wegnahm, obwohl die kleinen schwarzen Augen des Vogels das glitzernde Goldstück gierig verfolgten. Alexandra steckte das Medaillon in ihre Tasche. „Nimm keine Sachen mehr von mir, okay?"
Charlie gab ein raues, hässliches Geräusch von sich.
Technisch gesehen endete das Nachsitzen, das Alexandra mit David, Larry und den Rashes verbüßte, jeden Abend, wenn ihre zugewiesenen Bereiche sauber waren. Für jeden von ihnen dauerte es ungefähr gleich lange. Aber an diesem Abend schienen Alexandras Räderwerke langsamer zu sein als sonst, und schlimmer noch, sie putzten planlos. Sie hinterließen Streifen auf den Fenstern und schmutzige Pfützen auf dem Boden, den sie immer wieder vergeblich wischten. Alexandra versuchte, sie anzuweisen, richtig zu putzen, und nahm sogar selbst einen Wischmopp in die Hand, was ihr äußerst seltsame Blicke von vorbeigehenden Schülern einbrachte.
Eine Sache, die Alexandra während ihrer kurzen Zeit an der Charmbridge Academy aufgefallen war, war, dass Zaubererkinder nicht viel zu arbeiten schienen, nicht einmal so viel, dass sie ihre eigenen Zimmer putzten. Anscheinend wurde selbst in den Zaubererhaushalten, die keine Elfen oder Räderwerke hatten, fast alles mit einem Zauberstab und ein paar Zaubersprüchen erledigt (normalerweise von ihren Müttern). Sogar Anna hatte Alexandra angeschaut, als ob sie verrückt wäre, nachdem sie gefragt hatte, ob sie ihre Wäsche selbst waschen müssten. Anna hielt es für selbstverständlich, dass ihre schmutzige Wäsche wie von Zauberhand aus dem Wäschekorb verschwand und wie von Zauberhand sauber und zusammengelegt in ihren Kommoden wieder auftauchte. Ob dies nun von Elfen, Räderwerken oder einer Wäschehexe getan wurde, kam dem anderen Mädchen nicht einmal in den Sinn.
Jetzt versuchte Alexandra, ihren Räderwerken zu helfen, die Delta Delta Kappa Tau-Halle fertig zu schrubben, und nach einer Stunde Arbeit waren die Wände und Böden immer noch schmuddelig und streifig. Die Zeit, zu der sie normalerweise fertig waren, kam und ging, und Alexandra fürchtete, sie würde die ganze Nacht dort sein, als Ben Journey schließlich kam und nach ihr suchte.
„Hey, Starshine", sagte er freundlich. „Deine Freunde sin' alle fertig. Was hält dich auf?"
„Diese dummen Räderwerke putzen nicht richtig!" sagte sie. „Sie klatschen nur mit den Wischmopps herum und vergessen ständig, das Schmutzwasser auszuschütten und sauberes Wasser zu holen, und es dauert ewig!"
„Die Zauber auf diesen Männchen müssen manchmal angepasst wer'n", sagte Journey. „Und ihre Zahnräder auch. Ich werd' sie mir ansehn. Solange macht's keinen Sinn, wenn du den Rest der Nacht dieselbe Stelle putzt." Er zwinkerte ihr zu und holte seinen Zauberstab hervor, der lang und überraschend schlank war.
„Scourgify!" sagte er und richtete seinen Zauberstab wiederholt auf Pfützen, Streifen und Schmierer. Sie verschwanden einer nach dem anderen.
Alexandras Mund klappte auf. „Wenn man alles mit ein paar Zaubersprüchen reinigen kann, wozu braucht man dann Räderwerke?"
Journey kicherte. „Nun, du kannst nich' von mir erwarten, dass ich meine ganze Zeit damit verbringe, hinter euch Kindern aufzuräum'. Außerdem wär'n ungezogene Schüler sonst arbeitslos." Der Flur war jetzt nicht gerade blitzblank, aber immerhin sauber. „Also gut, du kannst jetzt gehen, Starshine. Ich bring' die Räderwerke dahin zurück, wo sie hingehörn."
„Danke, Mr. Journey!" sagte sie und winkte ihm zu, als sie in ihr Zimmer zurückkehrte.
Sie verbrachte die Zeit, die ihr bis zum Lichtausmachen blieb, mit Lernen. Sogar Anna war beeindruckt, da Alexandra normalerweise mit Charlie spielte (und versuchte, dem Raben das Sprechen beizubringen) oder über Quodpot oder magische Kreaturen las, während das andere Mädchen lernte. Alexandra war entschlossen, bereit zu sein, sobald sie Mrs. Price überredet hatte, sie den SPAWN noch einmal machen zu lassen.
Der nächste Tag war jedoch Samstag, und leider umfasste Alexandras Nachsitzen das Wochenende. Sie konnte den ersten Teil des Tages mit David und Anna verbringen (Darla und Angelique verkehrten mit anderen, beliebteren Kindern, und Constance und Forbearance wagten sich außerhalb der Lernzeit selten in die Gemeinschaftsräume), aber nach dem Abendessen mussten sie und David wieder ihre Räderwerke und Reinigungsutensilien holen und die Flure bzw. die Küche schrubben.
Alexandra bemerkte, dass Larry und die Rashes sie angrinsten, als sie und ihre Golems davonmarschierten. Insbesondere Larry sah ein wenig zu selbstgefällig aus.
An diesem Abend war das Putzen der Delta Delta Kappa Tau-Halle wieder ein Albtraum. Alexandra hatte den Eindruck, dass die Räderwerke alles tatsächlich noch schmutziger machten, und sie verbrachte ihre ganze Zeit damit, die Arbeit jedes einzelnen mechanischen Arbeiters bis ins kleinste Detail zu regeln, anstatt wie sonst an einer Wand zu lehnen und zu tagträumen, während die Räderwerke putzten.
Lange nach ihrer üblichen Feierabendzeit sah sie Larry und die beiden Rashes durch die Kreuzung am Ende des Flurs schlendern, in Richtung der Schlafsäle der siebten und achten Klasse. Larry blieb stehen, um ihr zuzuwinken. „Viel Spaß beim Putzen, Troublesome. Wir werden an dich denken, während wir den Rest des Abends genießen."
Dann sah er sich verstohlen um, und als er sah, dass sonst niemand zu sehen war, zückte er blitzschnell seinen Zauberstab und sagte: „Creohumus!"
Schmutz spritzte aus dem Ende seines Zauberstabs und verteilte sich auf dem Boden, den Alexandra und ihre Räderwerke gerade, endlich, gesäubert hatten. Mit einem fiesen Lachen drehte sich Larry um und eilte den gegenüberliegenden Korridor entlang. Alexandra hatte ihren Zauberstab gezückt und hätte ihm einen Zauber nachgeschickt, wenn sie nicht zu dem strengen Hexenmeister aufgesehen hätte, dessen Porträt über dem anderen Ende des Flurs hing. Er sah missbilligend auf sie herab.
„Haben Sie gesehen, was er getan hat?" wollte sie wissen.
„Offensichtlich nicht, da du den Korridor hinunterschaust und ich in die entgegengesetzte Richtung", intonierte der Hexenmeister pompös. „Aber ich kann sehen, was du gerade tun wolltest. Ist das ein angemessenes Verhalten für eine junge Hexe?"
Sie biss die Zähne zusammen und steckte ihren Zauberstab weg. Fast eine Stunde später kam Journey wieder zu sich und suchte sie auf.
„Ich glaube, Larry und Benjamin und Mordecai haben meine Räderwerke sabotiert!" sagte sie. Sie wollte nicht über den Schmutzregen lästern, aber mit Putzgolems arbeiten zu müssen, die nicht putzten, war einfach unfair.
„Ich glaub', das is' unwahrscheinlich, Starshine", sagte Journey langsam. „Glaubs' du nich', dass wir drüber nachgedacht ham, was Kinder mit diesen Kerlchen anstelln könnten?" Er kicherte. „Ich bin sicher, ihr würdet sie zu allen möglichen Sachen verzaubern, wenn wir sie nich' mit Schutzzaubern belegt hätten. Und an 'nem Räderwerk rumzubasteln is' sowieso keine leichte Zauberei. Sie sin' furchtbar kompliziert. Verdammt, die meisten Zauberer in meinem Alter verstehn sie nichmal." Er schüttelte den Kopf.
„Aber meine Räderwerke haben bis letzte Nacht einwandfrei funktioniert!" beharrte sie. „Sie haben was getan, das weiß ich!"
„Ich werd' sie überprüfen, aber ich glaub', du wärst viel besser dran, wenn du Vergangnes ruhn lässt", sagte er sanft. „Wär's nich' besser, sich mit diesen Jungs anzufreunden, statt Feinde zu blei'm? Zauberer sollten nich' gegen andere Zauberer kämpfen, Starshine, nichmal in dei'm Alter."
Alexandra nickte, aber ihr Gesicht verbarg ihre wahren Gedanken nicht gut. Während Journey wieder einmal seinen Zauberstab benutzte, um das Chaos aufzuräumen, sah Alexandra schweigend zu und plante Rache.
Zurück im Zimmer, das sie mit Anna teilte, erzählte sie dem anderen Mädchen von ihren Vermutungen.
„Nun, Mr. Journey hat recht", sagte Anna. „Man muss ein Meister-Kunstfertiger sein, um ein Räderwerk richtig zu verzaubern. Larry Albo ist erst in der achten Klasse, und die Rashes sind nur Siebtklässler. Ich bezweifle ernsthaft, dass sie so gut sind."
„Sie haben was getan", sagte Alexandra stur.
„Nun...", sagte Anna nachdenklich. Sie sah Alexandra zögernd an.
„Was?" verlangte Alexandra zu wissen.
Anna seufzte. „Vielleicht haben sie nicht deine Golems verflucht, sondern deine Wischmopps, Eimer und Schwämme", sagte sie. „Das wäre doch nicht so schwer."
Alexandras Augen weiteten sich. „Das ist es! Das haben sie getan! Da bin ich mir sicher! Anna, du bist ein Genie!"
„Was wirst du tun?" fragte Anna nervös.
„Ich werde mich rächen."
„Oh, ich hätte nichts sagen sollen!" Sorgenfalten huschten über Annas Gesicht.
„Mach dir keine Sorgen. Ich werde keinen Ärger bekommen", sagte Alexandra zuversichtlich.
„Das sagst du immer", murmelte Anna.
Alexandra verbrachte den ersten Teil des Sonntags in der Bibliothek. Mrs. Minder war überrascht, als Alexandra nach Büchern über Kunstfertigung fragte, gab aber zu, dass sie einige hatten. „Ich kann dir keine Bücher mit echten Zaubersprüchen geben", sagte die Bibliothekarin. „Du bist nicht alt genug. Aber wir haben einige Lehrbücher über Kunstfertigung." Mrs. Minder freute sich, wenn sich ein Schüler unabhängig von seinem Unterrichtsstoff für ein Thema interessierte, und es kam ihr nie in den Sinn, dass Alexandras Motive nicht strikt zur Ausbildung gehörig sein könnten.
„Golems and Gears: The Enchantments that Will Revolutionize Our Future!" (Golems und Zahnräder: Die Verzauberungen, die unsere Zukunft revolutionieren werden!) war viel weniger interessant, als der Einband versprach. Auf dem Einband führte eine Truppe von Räderwerken eine komplizierte choreografierte Tanznummer auf. Als Alexandra es jedoch öffnete, stellte sie fest, dass der Band praktisch eine Werbung im Buchformat für Tockmagi Räderwerk-Golems war. Es gab ein paar Kapitel über die Zauber, die auf ihre Zahnräder und Gelenke gelegt wurden, und wie die Räderwerkteile zusammengesetzt wurden, aber als es an diesem Abend Zeit war, ihr Nachsitzen zu verbüßen, hatte sie in dem Buch nichts gefunden, was ihr helfen konnte.
Larry, Benjamin und Mordecai starrten Alexandra und David an, als sie ankamen.
„Die Flure der sechsten Klasse sehen irgendwie schmutzig aus", sagte Larry.
„Ich frage mich, ob sie so schlammig sind wie der Küchenboden", sagte Benjamin.
David knurrte, aber Journey erschien mit ihren Räderwerken.
„Alle eure Räderwerke ham brandneue Reinigungssachen", sagte er milde. „Ich möcht' nich, dass jemand Probleme hat, rechtzeitig fertig zu wer'n."
Alexandra dachte, er werfe den drei älteren Jungen einen bedeutungsvollen Blick zu, aber sie waren unbeeindruckt, und sie fragte sich, warum Journey eigentlich nichts unternahm, wenn er herausgefunden hatte, dass ihre Wischmopps und Schwämme verhext waren.
Am Sonntagabend war kaum jemand in den Fluren. Alexandra war allein mit ihren Räderwerken. Die einzige Person, mit der sie reden konnte, war das Porträt des alten Zauberers, das über dem Eingang zum Flur hing, und sie glaubte nicht, dass sie ihn besonders mochte. Also beobachtete sie stattdessen aufmerksam ihre Räderwerke beim Putzen. Sie schienen ihre Arbeit ganz passabel zu machen.
Am Montagmorgen aß sie schnell ihr Frühstück. Anna sah besorgt aus, aber Alexandra hatte ihr versprochen, niemandem von ihrem Termin mit der Dekanin der sechsten Klasse zu erzählen. „Wir sehen uns in P.M.Ü.", sagte sie zu ihren Freunden und eilte zu den Verwaltungsbüros.
Das Büro von Dekanin Price war neben dem von Dekanin Grimm. Alexandra saß mehrere Minuten auf der Bank, lange genug, um eine schwarze Katze zu bemerken, die vom Vorzimmer den Flur entlangschlich. Überrascht beugte sie sich vor und streckte ihre Hand aus, um der Katze zuzuwinken, wobei sie ein schnurrendes Geräusch machte. Die Katze warf ihr den verächtlichsten Blick zu, den man sich vorstellen konnte, und trottete mit hoch erhobener Nase und Schwanz an ihr vorbei.
Dekanin Price öffnete ihre Tür. Sie blickte Alexandra von oben herab an und öffnete die Tür dann weiter. „Komm herein, Miss Quick", sagte sie knapp. Als Alexandra ihr Büro betrat, ging Mrs. Price um ihren Schreibtisch herum und setzte sich. Anders als das Büro der Dekanin, das ordentlich und einschüchternd eingerichtet war, war Mrs. Price' Büro voll von Schränken brechend voller Schriftrollen, ihr Schreibtisch quoll über vor Pergamentrollen, und die Bilder an ihren Wänden schienen sowohl Familienporträts als auch Gruppenfotos von Schülern und Lehrern zu sein.
Mrs. Price sah auf eine Papierrolle hinunter, und Alexandra sah „SPAWN-Ergebnisse" oben aufgedruckt. Dann sah sie zu Alexandra auf. „Also, warum hast du darum gebeten, mich zu sprechen, Miss Quick?"
„Ich möchte den SPAWN wiederholen", antwortete Alexandra.
Mrs. Price blinzelte. „Wie bitte?"
„Ich glaube nicht, dass der erste fair war", sagte Alexandra unerschrocken. „Ich habe vorher keinen Studienführer bekommen und habe in Alchemie eine schlechte Note bekommen, obwohl ich diesen Test gar nicht gemacht habe. Und ich habe in Zauberkunst und Verwandlungen schlechte Noten bekommen, obwohl ich genauso gut bezaubern und verwandeln kann wie jeder andere Sechstklässler, nur hat mir niemand gesagt, dass ich keine ‚Knittelverse' verwenden darf. Also habe ich jetzt fünf Förderkurse!"
„Der Zweck der Förderstunden ist die Nachhilfe", sagte Mrs. Price sehr langsam und bedächtig. „Es ist keine Bestrafung, Miss Quick."
„Aber ich lerne langsamer, als wenn ich in einer normalen Klasse wäre!"
Mrs. Price seufzte. „Deine SPAWN-Ergebnisse zeigen, dass du nicht auf den regulären Unterricht vorbereitet bist –"
„Woher können die das wissen? Es ist ein blöder Test!"
„Unterbrich mich nicht, junge Dame! Und achte auf deinen Ton! Du bist noch nicht einmal zwei Wochen an der Charmbridge Academy, und schon kennt jeder Lehrer deinen Namen. Das passiert normalerweise nur, wenn ein Schüler entweder außergewöhnlich begabt oder außergewöhnlich schwierig [auf Englisch sagte sie ‚troublesome'] ist."
„Vielleicht bin ich beides", sagte sie mürrisch. Sie wusste, dass sie den Mund hätte halten sollen, aber das Wort „troublesome" provozierte sie.
Mrs. Price kniff die Augen gefährlich zusammen. „Miss Quick", sagte sie, „macht dir das Nachsitzen Spaß?"
„Nein, Mrs. Price", murmelte Alexandra.
Die Dekanin rollte den SPAWN-Bericht zusammen. „Wir ändern den Stundenplan nicht mitten im Semester, außer in Ausnahmefällen, und keiner deiner Lehrer hat mir gegenüber angedeutet, dass du außergewöhnlich bist. Du kannst den SPAWN-Test wiederholen, wenn du aus den Weihnachtsferien zurückkommst, vor Beginn des nächsten Semesters."
Alexandra stand einen Moment da und Mrs. Price starrte sie mit stechenden Augen an. „Das ist alles, Miss Quick. Komm nicht zu spät zum Unterricht."
„Ja, Mrs. Price", sagte Alexandra kaum hörbar und schlurfte aus Mrs. Price' Büro.
Sie fühlte sich besiegt und besuchte ihren Unterricht an diesem Tag mit deutlich weniger Enthusiasmus als in der Woche zuvor.
Der Unterricht in Praktische Magische Übungen war jedoch eine willkommene Abwechslung. Miss Gambola und Ms. Shirtliffe warteten beide mit einer Reihe Besen auf die Sechstklässler. Alle murmelten aufgeregt.
„Das stimmt, der Besenunterricht beginnt heute", sagte Ms. Shirtliffe. „Ich möchte euch alle daran erinnern, dass ein Besen kein Spielzeug ist und dass Fliegen trotz der Sicherheits- und Bremszauber, die auf diese Übungsbesen gelegt wurden, eine von Natur aus riskante Aktivität ist. Ihr werdet alle genau das tun, was euch gesagt wird, und es wird kein Unfug geduldet. Wer diese Regeln missachtet, wird mindestens für den Rest des Semesters Hausarrest bekommen."
Alexandra war genauso eifrig wie alle anderen, mit dem Fliegen anzufangen. Ms. Shirtliffe und Miss Gambola verbrachten jedoch die meiste Zeit damit, ihnen beizubringen, wie Besen fliegen und wie man sie steuert, während die Besen selbst verlockend unerreichbar und unberührt auf dem Gestell lagen.
Schließlich, zehn Minuten vor Ende der Stunde, erlaubten die Lehrer jedem Schüler, einen Besen vom Gestell zu nehmen und sich gerade lange genug darauf zu setzen, um ein paar Fuß in die Luft zu steigen.
Alexandra hielt sich fest, ließ ihre Füße locker baumeln und trieb ihren lautlos immer höher, bis Ms. Shirtliffe sie sah und schnappte: „Das ist hoch genug, Quick!"
Obwohl sie enttäuscht waren, nicht herumflitzen zu können, wie sie es bei einigen der älteren Kinder gesehen hatten, waren alle in Hochstimmung, als sie P.M.Ü. verließen, und David murrte: „Wenn wir nicht nachsitzen müssten, könnten wir nach dem Abendessen üben."
Alexandra hatte andere Pläne. In der kurzen Zeit zwischen Abendessen und Nachsitzen las sie noch „Golems and Gears", und im letzten Teil des Buches fand sie endlich ein paar Informationen darüber, wie die Räderwerke ihre Befehle erhielten. Diese waren allerdings sehr vage. Sie waren nicht wirklich intelligent und konnten daher nur Befehlen gehorchen, die in den engen Rahmen der Befehle fielen, die sie zu verstehen verzaubert waren.
Während ihrem Nachsitzen an diesem Abend versuchte sie, ihren Räderwerken zu befehlen, zu tanzen, und stellte fest, dass sie dies unbeholfen taten. Der Befehl „Stellt euch tot" ließ sie nur ganz aufhören, sich zu bewegen, während ihre Versuche, Kung-Fu-Kämpfe zwischen Golems zu inszenieren, kläglich scheiterten; sie musste für jeden Schritt, den sie machten, Anweisungen geben, und wenn sie einen dazu brachte, einen Tritt auszuführen, fiel er nur um.
So ging es den Rest der Woche weiter. Alexandra schenkte dem Unterricht nur mäßig Aufmerksamkeit, außer in P.M.Ü., bei dem sie endlich an die frische Luft gehen durften. Ältere Kinder spielten Besenspiele und David begann, die Manöver nachzuahmen, die er die Quidditchspieler üben sah. Alexandra fühlte sich auf ihrem Besen ziemlich wohl und ärgerte sich über die Beschränkungen, die Ms. Shirtliffe ihnen auferlegte, denn sie wollte höher und schneller fliegen.
Beim Nachsitzen experimentierte sie jeden Abend weiter mit ihren Räderwerken. Sie kam zu dem Schluss, dass sie nicht genug über die Funktionsweise ihrer verzauberten Gehirne wusste, um die Sabotage durchzuführen, die sie im Sinn hatte... es sei denn, sie schummelte.
Und so kam es, dass sie an diesem Donnerstagabend früh zum Nachsitzen kam, früh genug, um die wartenden Räderwerke zu finden, bevor der Hausmeister oder einer der Jungen eingetroffen war.
Sie erinnerte sich daran, was Ms. Shirtliffe über die Verwendung einer Krücke gesagt hatte, aber sie wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, es Larry Albo und den Rash-Zwillingen heimzuzahlen.
Also holte sie ihren Zauberstab heraus und hielt ihn vor die Reihe der Räderwerke, die mit den älteren Jungen zu den Ställen gehen würden.
„Heute müsst ihr Dreckstücke putzen,
Die ständig jeden Gang verschmutzen:
Larry, Ben und Mordecai
machen echt nur Schweinerei!
Erst wenn sie mit euch in den Ställen,
Wenn sie was befehln, werdet Rebellen!
Putzt sie mit Mopp, Besen, und Schwamm,
Bis sie so rein sind wie ein Lamm."
Sie steckte ihren Zauberstab schnell weg, als sie die Jungen ankommen hörte.
„Ich glaube, Troublesome meint, wenn sie früher anfängt, könnte sie tatsächlich bis zur Schlafenszeit fertig sein", schnaubte Larry.
„Ich glaube, ich bin heut Abend vor dir fertig", sagte sie.
„Ja, klar." Er verdrehte die Augen. Als Nächstes kamen die Zwillinge und David, und dann kam Ben Journey in den Lagerraum. „Alle bereit und eifrig, loszulegen?" fragte er mit funkelnden Augen. „Nur noch eine Nacht, stimmt's, Kinder?"
„Ja, Sir", antworteten sie alle.
Alexandra pfiff, als sie mit ihren Räderwerken davonmarschierte.
Sie hatte wirklich keine Ahnung, ob ihr Zauber funktionieren würde. Sie wusste, dass ihre Reime nicht immer die gewünschte Wirkung hatten, und sie hatte selten einen so langen und komplizierten Reim verwendet. Trotzdem hoffte sie, dass zumindest Albo und die Rashes einige Unannehmlichkeiten erleiden würden.
Sie bekam ihre Antwort, als sie alle an diesem Abend ins Büro des Hausmeisters zurückkehrten. Larry, Benjamin und Mordecai sahen zerschlagen, zerschrammt und zerzaust aus, ganz zu schweigen davon, dass sie klatschnass waren. Sie starrten ihre Räderwerke an, aber das war nichts im Vergleich zu den Blicken, die sie Alexandra zuwarfen, als sie auftauchte. Sie lächelte sie süß an, während David von ihrer Erscheinung nur verwirrt aussah.
Als Journey aus seinem Büro kam, sah er schockiert aus.
„Was in Merlins Namen is' mit euch Jungs passiert?" rief er.
Alexandra und Larry sahen sich in die Augen. Sie hielt seinem wütenden Blick stand und sah ihn kühl und triumphierend an.
„Wir haben uns gestritten", sagte Larry. „Darüber, wer was sauber machen sollte."
„Gestritten?" Journey hob eine Augenbraue und schüttelte den Kopf. „Dafür könntet ihr mehr Nachsitzen kriegen, wisst ihr. Tut mir leid zu hörn, dass ihr Jungs nich' mit'nander auskommt."
„Uns geht's jetzt gut", sagte Larry. Benjamin und Mordecai nickten. Ihre Blicke waren ebenfalls auf Alexandra gerichtet.
„Na, das is' gut. Versprecht mir, dass ihr nich' vergesst, dass wir hier alle Zauberer sin'. Und Hexen." Er nickte Alexandra zu. „Wir müssen mit'nander auskomm'. Es is' wichtig, vereint zu sein. Versteht ihr, was ich mein'?"
„Oh, wir sind vereint", knurrte Larry.
„Gut. Also Schluss mit diesem Zoff. Das Letzte, was die Zaubererwelt braucht, is' noch mehr Spaltung." Er lächelte und winkte zum Abschied, als sie alle den Wartungskorridor verließen.
„Sentimentaler, weltfremder Radikalist!" sagte Larry verächtlich und leise.
Alexandra konnte ihren zufriedenen Gesichtsausdruck nicht verbergen. David sah sie misstrauisch an.
„Ihr zwei Schlammblüter seid so tot!" zischte Larry.
Alexandra fing David auf, bevor er sich auf den älteren Jungen stürzen konnte.
„Pass besser auf dein dreckiges Maul auf, sonst wird es dir noch mit Seife ausgewaschen", sagte Alexandra, und nun mussten Benjamin und Mordecai Larry packen, als er sich auf sie stürzen wollte. Sie zog David mit sich den Flur von Delta Delta Kappa Tau entlang und ließ Larry und die Rashes hinter sich zurück, die ihr mit finsterem Blick nachschauten.
David fand Alexandras Sabotage urkomisch. Er ging ins Bett, nachdem sie ihn zur Geheimhaltung verpflichtet hatte, aber sie erzählte es Anna sofort, als sie in ihr Zimmer zurückkam. Anna war beeindruckt und entsetzt.
„Du kannst Räderwerke nicht dazu verzaubern, so etwas zu tun!" rief sie.
„Doch, ich kann das", erwiderte Alexandra.
„Wenn du weiterhin Knittelverse verwendest, wirst du nie richtige Zauberkunst lernen", schimpfte Anna.
„Und wenn du weiterhin so etwas machst, wirst du wieder Ärger bekommen. Larry und seine Freunde hätten dich verraten können!"
„Ja, aber dann wären sie Petzer und müssten zugeben, dass ich sie geschlagen hab", antwortete Alexandra nicht wenig selbstgefällig.
„Also werden sie stattdessen versuchen, sich zu rächen, und ihr werdet euch gegenseitig immer schlimmere Dinge antun. Und was, wenn die Räderwerke etwas wirklich Schlimmes getan hätte? Was, wenn du erwischt worden wärst? Hast du überhaupt darüber nachgedacht, was hätte passieren können?"
Anna war besorgt, aber sie klang sehr nach Brian, was es Alexandra schwer machte, ihr zuzuhören. Die Tatsache, dass sie recht hatte, machte sie nur noch wütender.
„Was, wenn du erwischt wirst? Was, wenn etwas passiert? Was, wenn du Ärger bekommst?" Alexandra ahmte Anna nach und wedelte in gespielter Hysterie mit den Armen in der Luft. „Machst du dir jemals etwas anderes, als dir Sorgen darüber zu machen, was passieren könnte? Was, wenn du den ganzen Tag nichts anderes tust als zu lernen und nie Risiken eingehst und dir nur Sorgen darüber machst, was deine Eltern und deine Lehrer denken werden, und nichts tust, wenn so Ärsche dich schikanieren?"
Anna sah verletzt aus. Alexandra ließ die Arme sinken, aber es war zu spät.
„Na ja, dann verbringe ich wenigstens mein sechstes Schuljahr nicht mit magischem Förderunterricht und Nachsitzen", sagte Anna steif, drehte Alexandra den Rücken zu und stieg wortlos ins Bett.
Alexandra legte sich selbst ins Bett, war wütend und traurig, aber nicht bereit, sich zu entschuldigen oder zuzugeben, dass sie falsch lag.
Sie wollte ihre Freunde nie verletzen, aber sie war stolz und stur.
Anna sprach am nächsten Morgen immer noch nicht mit ihr, und Darla und Angelique, die abwechselnd ihr gemeinsames Badezimmer benutzten, spürten die Spannung zwischen ihnen und fragten mit sehr besorgter Stimme, was los sei. Anna und Alexandra zuckten beide mit den Schultern und gingen so zum Frühstück, gleichgültig und nicht ansprechbar.
„Was hast du getan?" flüsterte David Alexandra in Förder-Zauberkunst zu.
„Was meinst du, was habe ich getan?" flüsterte Alexandra zurück.
„Warum ist Anna so aufgeregt?"
„Sie ist zu empfindlich!" spottete Alexandra. „Alles, was sie sagen konnte, nachdem ich ihr erzählt hatte, dass ich mich an Larry und Benjamin und Mordecai rächen wollte, war, dass ich so etwas nicht tun sollte und was, wenn ich in Schwierigkeiten gerate –" Ihre Stimme wurde höher, als sie Annas Tonfall erneut imitierte, und Mr. Newton forderte Alexandra auf, die sieben grundlegenden Zauberstabpositionen zu demonstrieren. David seufzte und schüttelte den Kopf.
Im P.M.Ü.-Unterricht durften sie zum ersten Mal frei fliegen, während Ms. Shirtliffe und Miss Gambola ihnen zusahen, wie sie sich auf ihren Besen drehten, wirbelten und tauchten.
In der Nähe spielten die Oberstufler Quodpot. Plötzlich schrie Anna auf, als Larry Albo sehr nah an ihr vorbeikam, was sie zusammenzucken und fast vom Besen fallen ließ.
Dann schossen die Rash-Zwillinge an Alexandra vorbei und versuchten, so nah an sie heranzukommen, dass sie ebenfalls zurückschreckte und möglicherweise das Gleichgewicht verlor, aber Alexandra blieb einfach auf ihrem Besen sitzen, ohne zu reagieren oder ihren Kurs zu ändern. Sie verfolgte sie mit den Augen, als sie sich für einen weiteren Anflug umdrehten.
Larry schien jetzt wie ein Pfeil auf David zuzusteuern. Alexandra blickte über die Schulter zu Ms. Shirtliffe und Miss Gambola, aber Shirtliffe hielt Anna gerade einen Vortrag darüber, wie sie sich stabilisieren sollte, und Gambola beobachtete eine andere Gruppe von Fliegern. Keiner von beiden schien bemerkt zu haben, was Larry und die Rashes taten. Die Jungen flogen auf eine fast schon rücksichtslose Art und Weise, aber gerade vorsichtig genug, dass nicht offensichtlich war, dass sie absichtlich zu nah an ihr vorbeimanövrierten. Wieder einmal hätte jemand einen Lehrer auf ihr Verhalten aufmerksam machen können, aber sie hätten ihre Unschuld beteuert, und während der Lehrer ihnen wahrscheinlich gesagt hätte, sie sollten weiter wegfliegen, würde der Motzer wie ein Jammerlappen und ein Petzer dastehen. Und so sagte niemand etwas.
Aber als die Rashes näher kamen, schwenkte Alexandra in den Luftraum der Quodpot-Spieler ein.
„Aus dem Weg!" schrie ein Junge aus der zwölften Klasse sie an. Alexandra schnappte sich den Ball aus der Luft und drehte sich in Richtung der Rashes um.
„Alexandra Quick!" brüllte Ms. Shirtliffe. Alexandra ignorierte sie. Die Rashes hatten sich jetzt von David abgewandt und beobachteten sie. Ihre Mienen wechselten von Abscheu zu Besorgnis, als sie auf sie zuraste und den Quod auf Benjamins Kopf schleuderte. Er rollte sich ab und wäre von seinem eigenen Besen gefallen, wenn sein Bruder ihn nicht aufgefangen hätte, und die beiden wichen dem Quod aus, kurz bevor er explodierte.
Alexandra hatte kaum Zeit, Larry auf sich zukommen zu sehen, bevor sie ihm aus dem Weg wich. Er drehte sich um und kam wieder auf sie zu. Sie raste über das Feld, Larry verfolgte sie. Alexandra sank herab, bis ihre Füße fast über das Gras schleiften, und lachte über ihre Schulter. Sie beugte sich nach vorne und erhöhte ihre Geschwindigkeit. Larry tat dasselbe.
Fast am Rand des Waldes, der die Charmbridge Academy umgab, zog Alexandra ihren Besenstiel kräftig zurück. Sie spürte, wie die plötzliche Verlangsamung sie nach hinten zog, während ihr Besen knarrte und sich bog, während sie eine scharfe 180-Grad-Kurve machte und sich gleichzeitig auf ihrer Stange nach vorne zwang, damit der Besen weiter beschleunigte. Larry versuchte, sie nachzuahmen, und wäre beinahe gestürzt, schaffte es aber, auf seinem Besen zu bleiben.
„Schisser!" schrie sie ihn an und machte eine unhöfliche Geste, bevor sie sich nach vorne stürzte.
Larry brüllte wütend und folgte ihr, als sie sich wieder den Quidditch- und Quodpot-Feldern näherte. Sie lachte fröhlich, völlig hingerissen von dem Nervenkitzel, dem anderen Jungen auszuweichen und ihn zu ärgern.
„Ich werde mit dir den Rasen pflügen!" schrie er, nur wenige Meter hinter ihr. Alexandra grinste und sah, wie die Quidditchspieler innehielten, um ihnen zuzuschauen. Sie sah auch die Klatscher, die Metallkugeln, die die Spieler jagten und träge kreisten und nach neuen Zielen suchten. Die Quidditchspieler begannen nun, sie anzuschreien, aber Alexandra ignorierte sie, stieg höher und steuerte direkt auf die Klatscher zu.
Larry war fast bei ihr und er sah die Klatscher erst, als einer ihm fast den Kopf abriss. Er schrie auf und rollte sich ab, während er kopfüber auf seinem Besen landete. Alexandra musste zugeben, dass er kein schlechter Flieger war. Aber jetzt jagten die Klatscher die beiden. Alexandra flog in einem Bogen vom Feld weg und Larry folgte ihrer Flugbahn.
„Du verrücktes kleines Balg!" schrie er sie an.
„Schisser!" schrie sie zurück.
Die beiden kreisten jetzt hoch über dem Boden. Die Gesichter der anderen Kinder und der Lehrer waren nur noch undeutliche Flecken. Die Klatscher jagten sie immer noch; es gab keine Quidditch-Schläger, die sie wegschlagen konnten, da die Quidditchspieler alle den beiden jüngeren Schülern bei ihrem Luftduell zusahen.
Larry hatte Alexandra fast wieder erreicht, aber er war mehr wegen den Klatschern besorgt, die ihm dicht auf den Fersen waren, als darum, sie oder ihren Besen zu schnappen. Auch Alexandra musste wachsam bleiben und im Zickzack hin und her fliegen, denn während sie den fliegenden Bällen auf lange Sicht voraus bleiben konnten, waren die Klatscher in der Lage, kurzzeitig zu beschleunigen, wenn sie einem der Flieger zu nahe kamen, und während dieser Zeit konnten sie einen plötzlichen Angriff starten, der in der Lage war, einen von ihnen zu überholen und von ihren Besen zu stoßen.
„Du wirst uns beide umbringen! Oder schaffst es, dass wir rausfliegen", keuchte Larry, als er endlich mit ihr gleichgezogen war.
„Du hast angefangen", erwiderte sie. Ein Klatscher stürzte sich auf die beiden und sie rollten beide zur Seite. Alexandra begann, in einem Bogen nach unten zu rollen und zu beschleunigen.
Larry folgte ihr, denn wenn er zurückfiele, würden die Klatscher beide das nähere Ziel anvisieren.
Alexandra stürzte in einem steilen Winkel herab, direkt auf den Boden vor den offenen Türen der P.M.Ü.-Turnhalle zu. Ihre Geschwindigkeit nahm zu, sowohl aufgrund ihrer ständigen Vorwärtsneigung als auch aufgrund der Schwerkraft. Larry hatte keine andere Wahl, als sich ihr anzupassen, aber sein Gesicht wurde etwas blass, als er sah, wie schnell der Boden näher kam.
„Wir müssen zu den Lehrern oder den Treibern vom Quidditchteam!" schrie er sie an.
„Komm schon, Schisser!" schrie sie zurück.
Larry stöhnte und hielt sich an seinem Besen fest.
Alexandra raste weiter auf den Boden zu. Der Wind peitschte durch ihr Haar und dröhnte in ihren Ohren. Sie sah die verängstigten Gesichter ihrer Klassenkameraden, aber sie waren nur verschwommene Flecken, die schnell größer wurden. Der Boden kam immer näher. Sie hörte Ms. Shirtliffe rufen, und auch Miss Gambola, was bei ihr eher wie ein Schrei klang, aber sie konnte nicht verstehen, was sie sagten.
Larrys Gesicht war weiß. Er war sich nicht sicher, wie schnell sein Besen anhalten oder wie scharf er ihn bei Höchstgeschwindigkeit wenden konnte. Er sah zu Alexandra hinüber und sah nichts als wilde Entschlossenheit in ihrem Gesicht. Sie hielt ihren Besen fest umklammert und lehnte sich nach vorne, als wäre sie in dieser Position gefangen, und obwohl sie nur noch Sekunden davon entfernt waren, so hart auf den Boden zu knallen, dass Krater in den festgestampften Staub geschlagen worden wären, war nicht einmal ein Hauch von Zögern in ihren Augen.
Larry hatte keine andere Wahl, als Alexandra in den Boden zu folgen oder abzubiegen. Mit einem Fluch entschied er sich für Letzteres, zog seinen Besen zurück, bremste und erwischte einen Klatscher hart im Rücken.
Aus den Augenwinkeln sah Alexandra, wie Larry einen Rückzieher machte. Der Boden war nur noch einen Herzschlag entfernt, als sie auf der Stelle abflachte. Ein plötzliches Ausweichen und Abbremsen in dem Winkel, in dem sie herabflog, hätte sie nur bis zur Hüfte im Dreck vergraben, also verkürzte sie ihren Sinkflug auf eine steile Abwärtsebene, die sie durch die offenen Türen in die Turnhalle trug, und als sie langsam genug geworden war, um von ihrem Besen abzusteigen, musste sie ihre Füße anheben und ihre Knie unter sich ziehen, sodass sie seitlich auf ihrem Besen saß und der Boden fast ihre Knöchel streifte. Sie blieb kurz vor dem Aufprall gegen die gegenüberliegende Wand stehen und sprang von ihrem Besen.
Es gab Jubel und Applaus von fast hundert Schülern, die Alexandras waghalsigen Flug gesehen hatten, wenn nicht sogar, was dazu geführt hatte. Aber der Jubel verstummte abrupt, als Ms. Shirtliffes verstärkte Stimme den Lärm übertönte.
„MISS QUICK! MISTER ALBO! HIERHER!"
Unter den Augen von Schülern aller Jahrgangsstufen schleppten Larry und Alexandra schweigend ihre Besen zum wütenden Fluglehrer. Larry humpelte ein wenig und rieb sich den unteren Rücken.
„Schisser", murmelte jemand, als Larry vorbeitrottete, und Gelächter und Kichern gingen durch die Menge, viel mehr als als jemand Alexandra „Troublesome" zuflüsterte.
Ms. Shirtliffe starrte die beiden Schüler wütend an und schien bereit, eine lange, wütende Tirade anzustimmen, aber dann schüttelte sie nur den Kopf und schnitt mit hörbarem Zähnezusammenbeißen ab, was sie sagen wollte. Stattdessen zeigte sie auf das Gebäude hinter ihnen.
„Büro. Dekanin. Jetzt."
