Ein Sonnenstrahl kitzelte seine Nase und weckte ihn vom Schlaf. Ivren blinzelte, träge, hob eine Hand um das Licht zu stoppen und schüttelte mit einen Gähnen die Nachbilder seines Traums ab – rauer Stein, kalt, immer näher kommende Schritte, der Ruf des Verderbens – ah, er wollte es vergessen. Seit Eragon unversehrt aufgewacht war tickte die Uhr. Seine letzten Tage mit Oromis sollten mit glücklicheren Erinnerungen gefüllt sein.

Als Ivren aufsah, sah er Oromis welcher ihn mit warmen Augen betrachtete. Seine Hand lag auf Ivren's Hüfte, langsam den Muster silberner Narben folgend. Ein sanftes Lächeln war auf seinen Lippen und er konnte nicht anders es zu erwidern.

Für einen langen Moment blieben sie einfach so, versteckt in Oromis' Hütte, fast ein Traum selbst. Er versuchte es in sein Gedächtnis einzuprägen, die Tintentöpfe und Pinsel liegengelassen auf dem Tisch, Schriftrollen über Poesie und alte Helden, der süße Geruch der Beeren, und seinen Geliebten.

Nach einiger Zeit durchbrach Oromis die Stille. "Wenn Eragon zu den Varden zurückkehrt so wirst du ihm folgen." Es war eine einfache Aussage, dennoch hörte die Sorge in Oromis' Stimme. Sie beide wussten sie würden vielleicht nicht zurückkehren. Ivren griff seine Hand. "Fürwahr. Ich werde mit ihm gehen sobald er bereit ist."

Ivren hatte nie vor zu bleiben und dennoch wollte er diesem Traum nie verlassen.

"Ich habe ihn noch viel zu lehren, aber keine Zeit mehr. Er ist voller Eifer für den Kampf, Krieg – genauso wie Saphira." Oromis verstummte.

"Einen Drachen aufzuhalten ist unmöglich hard," gab Ivren zu, "Aber bist du nicht ebenfalls eifrig?" Er beobachtete sein Gesicht mit Vorsicht. Oromis blieb still, sein Blick bewegten sich über Ivren's Gesicht. "Eifrig?" Er klang amüsiert. "Ich kann nicht in den Krieg ziehen, noch nicht."

"Noch." Ivren blinzelte langsam. "Natürlich hast du recht." Er schmunzelte. "Dennoch, du bist ruhelos geworden, mein Lieber. Dein Volk bereit sich auf Krieg vor."

Oromis goss Faelnirv in zwei Kelche aus einer elfenbeinartigen Substanz und reichte Ivren einen davon. Er fuhr mit den Fingern über die eingravierten Blumen und Ranken. Ivren lehnte sich zurück, schloss die Augen und genoss die Berührung des Sonnenlichts. Als er sie wieder öffnete, starrte Oromis ihn mit einem unleserlichen Blick an.

"Bald werde ich erneut sehen, wie jene die ich liebe gehen, während ich zurückbleibe, in Sicherheit and sie in Gefahr." Sein Gesicht wurde wehmütig, plötzlich ein Jahrhundert fort. "Ich habe keinen Wunsch erneut den letzten Überlebenden zu sein."

Ivren zuckte. Diese Offenheit war – neu. Oromis legte große Verantwortung in jedes Wort, das er sagte, oder so dachte Ivren, normalerweise behielt er sein Herz für sich. Bitternis stieg auf. Es sollte berührend, und es war, so vertraut zu sein, sein Herz wahrhaftig zu haben, aber Ivren, oh, Ivren, er war solch ein Lügner und verdammte sie beide. Oromis wusste nichts über seine wahren Fähigkeiten, nichts über Nainar und jenen Eldunari der mit ihm wartete. Es würde sicher seine Sorgen erleichtern. Oh, er war solch ein Lügner, solch ein herzloser Mann ihn so zu verdammen.

"Es wird nicht so sein. Ich werde auf ihn aufpassen and auf mich auch." versprach Ivren, "Und Arya, sie wird dann hier bleiben, nicht wahr?"

"Ich hoffe es doch. Firnen sollte weiter wachsen bevor er der Welt gezeigt wird."

Ivren stimmte ihm zu. "In fünf weiteren Monaten sollte er Feuer speien können. Dennoch bezweifele ich das sie so lange warten werden."

Oromis schmunzelte. "Die Ungeduld der Jugend. Aber wenigsten kennt Arya einiges an Wissen bereits."

"Ich sollte nach Eragon schauen." Wenn er noch viel länger wartete, würde das Gehen umso schwerer sein.

Es war nicht überraschend, ihn mit Arya zu sehen, die sich vor der offiziellen Verabschiedung privat ihre letzten Worte teilten. Sein zwergischer Freund Orik war ebenfalls dort. Er würde den längeren Weg zurück zu den Varden nehmen. Kein Freund von Flug, dieser. Firnen und Saphira schienen ebenfalls in ein Gespräch vertieft zu sein. Er ließ sie ausreden, bevor er zu Eragon sprach.

"Wir brechen in einer Stunde auf", erklärte er, "Sei bereit."

Ivren nickte. "Alles noch in Ordnung?"

"Sogar besser als vorher!" rief Eragon.

Eine Erleichterung. Hätte Eragon ohne die Drachenmagie jemals Hilfe gefunden? Unwahrscheinlich. Trotz der guten Nachrichten machte sich Ivren große Sorgen. Wie Oromis ihn gewarnt hatte, sollte Galbatorix selbst erscheinen. Er war nicht so arrogant, dass er auch nur im Traum daran gedacht hätte, sich in einem Kampf gegen ihn zu behaupten. Ein Magier dieses Alters musste über große Reserven und größeres Wissen verfügen, und der versklavte Shruikan war selbst eine Waffe der Zerstörung.

Wie sollte er einem solchen Wesen gegenübertreten? Nainar würde nicht zulassen, dass sein Volk versklavt wird, daran hatte er nie gezweifelt, aber aus allen anderen Gründen würde er nicht herunterkommen. Ein einziges Mal hatten sie den Vorteil der Überraschung, nur ein einziges Mal. Ivren würde sich lieber einem Schatten stellen. Das war zumindest etwas, von dem er wusste. Ein Schatten oder ein Ra'zac, ja, gegen die konnte er kämpfen. Aber ein Drachenreiter? Niemals einen Drachenreiter.

Aurora hatte es nicht versäumt, ihm die feinen Künste des Kampfes beizubringen, und auch Eous hatte es nicht versäumt, seinem Sohn den Luftkampf beizubringen, der gegen viele Geschwister und entfernte Verwandte geschärft worden war, aber die übliche Dominanz am Himmel konnte zu ihrer eigenen Schwäche werden. Die Narben waren zu dick, die Flügel nicht beweglich genug, sie hatten eine buchstäblich blinde Seite - er könnte endlose Gründe für ihre Niederlage aufzählen.

Während er darauf wartete, dass sie sich zum Aufbruch bereit machten, musste er unweigerlich an sein Gespräch mit Oromis zurückdenken. Derselbe Blick, dieselben Augen, die er zuvor auf Auroras Gesicht gesehen hatte. Der Sand der Zeit war durch ihre Finger geflossen und hatte sie unberührt gelassen, während alles, was ihr wichtig war, weggespült wurde. Geboren als Mensch, war nun ein überirdische Anmut zu ihrem Gang und ein unmenschliche Form zu ihren Gesicht. Nicht ganz hier, nicht ganz dort, gefangen im Dazwischen zweier Welten. Genau wie Eragon. Es erschreckte Menschen. Eines Tages könnte er diese Augen teilen.

In gewisser Weise hatte er Glück. Diejenigen, die er an die Zeit verlieren konnte, hatte er bereits verloren, nicht mehr als längst verblasste Erinnerungen, an die sich sein Geist nur mühsam klammerte. Seine einzige Sorge galt jetzt dem Kampf und den Naturgewalten. Aurora, Eous, Steorra, Rauthren, jetzt Oromis, Eragon, Saphira und Glaedr, alle waren von der Zeit unberührt. Und er? Er wusste es nicht. Eine langsame Veränderung oder gar keine Veränderung? Dreißig Jahre für immer oder hundert, die sich über Jahrhunderte hinziehen? Ivren war sich nicht einmal sicher, was er wollte. Die Ewigkeit war ein schöner Traum, bis alles, was zählte, verschwunden war und, am Ende warst du nichts.

Ivren schüttelte seine melancholischen Gedanken ab. Nein, bald würde er Nainar seinen Freunden vorstellen, und das sollte ein freudiger Anlass sein. Er überprüfte ein letztes Mal sein Zimmer, ließ nichts zurück und wartete, als Oromis Eragon Geschenke überreichte. Dieser Gürtel, diese Macht...

Oromis zog ihn ein letztes Mal zur Seite, um ihm einen Abschiedskuss zu geben, der Ivrens Herz zum Schmelzen brachte, und dann, zu seiner großen Überraschung, reichte Oromis ihm ein geschnitztes Kästchen aus dunklem Holz.

"Ich möchte, dass du dies bekommst." Langsam nahm Ivren es und öffnete die Kiste. Auf schwarzem Stoff ruhte eine Kette, die Form eines Drachens aus Bernstein, der einen Opal umschlang, einen strahlend weißen Opal, der in einem intensiven Grün, Blau und sogar Rosa schimmerte. Hier und da gab es Schatten von Flammen, die im Sonnenlicht tanzten. Sein Herz schmerzte. "Oromis . . Ich -"

"Du hast keine andere Quelle an Stärke als dich selbst. Möge dieses Juwel dir gute Dienste leisten."

Ivren schloss seine Augen, überwältigt. "Ich danke dir." Nach einer Pause gab er zu: "Allerdings habe ich einige Energiereserven."

"Deine Ohrringe." Sein Blick richtete sich auf die besagten Ohrringe. Beide wussten, dass die Energie in ihnen nicht viel war. Die kleinen Steine konnten nur so viel Kraft speichern. "Größere Reserven sind im Kampf immer von Vorteil." Er zögerte. "Ich möchte, dass du beschützt wirst, Ivren. Darf ich?"

Auf sein Nicken hin legte Oromis ihm die Kette um den Hals und strich ihm über die Wange. Ivren lehnte in die Berührung. "Ich werde dich zu tiefst vermissen."

"Und ich dich. Lebe wohl, bis wir uns wiedersehen. Mögen die Sterne über dich wachen."