Unter Saphira breitete sich der endlose Wald nach allen Seiten aus, schimmernd vom Tau, bis er im Horizont verschwand, ein Schauspiel aus Grün, Blau und Violett. Sie flog tief über sie hinweg, so nah, dass er die Baumkronen fast berühren konnte. Vögel und Eichhörnchen verstreuten sich mit ängstlichen Rufen in die tieferen Regionen des Waldes. Ab und zu sahen sie den silbrigen Glanz eines Flusses oder Sees, der weit weg rauschte.

Saphira flog durch riesige Wolken und hinterließ einen feinen Dunst auf ihren Körpern. Ihre Schuppen schimmerten im Licht. Die Morgendämmerung ging um sie herum auf und die Welt erwachte. Den Sonnenaufgang vom Drachenrücken aus zu beobachten, war so traumhaft wie immer.

Sie flog schnell. Bald schon ließen sie Du Weldenvarden hinter sich. "Wir werden in der Hadarac-Wüste landen", rief Eragon gegen den Wind. Und das taten sie auch. Ivren war noch nie an einem solchen Ort gewesen. Es war heiß und sandig, ein unendlicher und einsamer Ort. Als sie sich für die Nacht einrichteten und das Lagerfeuer brannte, holte er sein Skizzenbuch hervor. Neue Seiten füllten sich mit neuen Tieren und Pflanzen, einige waren ihm bekannt, andere nicht.

Als die Nacht verging, verschwanden auch sie. Üppiges Grass machte bald braunen Gestrüpp platzt, das immer spärlicher wurde, bis es ganz unter der Sonne verschwand. Rötlich schimmernde Sanddünen kamen in Sicht.

Plötzlich wurde alles dunkel, die Sonne wurde von einem riesigen Schatten verdeckt. Eragon zuckte zusammen, seine Hand wanderte zu seinem Schwert, dann entspannte er sich. Er starrte Nainar mit weiten Augen an. Saphira stieß zur Begrüßung ein lautes Brüllen aus. Ein blasses Auge starrte sie an. Nainar ließ seine Gedanken einmal gegen sie alle schweifen, dann antwortete er mit seinem eigenen erderschütternden Ruf. Eragon lachte vergnügt.

Erst jetzt fiel ihm auf, wie klein Saphira wirklich war. Neben Nainar war sie jung und verletzlich, aber, so stellte er fest und sein Herz zog sich zusammen, bei weitem schneller. Er behielt seine gute Seite in ihre Richtung. Keine Schwäche zeigen. Dennoch musste Saphira für ihn langsamer werden. Ob sie es bemerkte oder nicht, war Ivren sich nicht sicher.

Eragon fiel mit hundert Fragen über sie her. Ivren gab ihm viele Antworten, aber eine Frage stellte Eragon nicht, obwohl er den Wunsch danach verspürte. Was könnte einen Drachen so verletzen? Es war gut, dass er nicht gefragt hatte, denn er hätte keine Antwort bekommen.

Die Drachen landeten mit einer hoch auf stürmenden Sandwolke, so groß, dass Ivren befürchtete, sie könnte für einen aufkommenden Sturm gehalten werden. Er ließ Eragon die Wasserversorgung übernehmen und nahm Nainar den Sattel ab. Eragon hatte noch einige Fragen übrig.

"Wenn du weit genug fliegst - versuche das nicht, bevor du nicht viel weiter gewachsen bist! - weit über das Meer, viele Tage lang, immer westwärts, dann wirst du den Ort meiner Geburt finden. Eine Küste mit dem klarsten Wasser, das du je gesehen hast, und eiskalt, mehr Fische, als man essen kann, Klippen mit Höhlen selbst für die größten Drachen und fast unberührte Wälder, die bis zum Rand mit Beute gefüllt sind."

"Das klingt wirklich nach einem Paradies für Drachen. Aber was ist mit deinem Volk?"

"Es gibt viele Menschensiedlungen, die an Küsten und Flüssen, in der Nähe von freundlicheren Wäldern und seichtem Wasser zu finden sind. Sie meiden die Drachen. Seit Steorra und ihre Reiterin gekommen sind, gibt es weniger Ärger, aber es ist nicht perfekt. Aber was ist das schon? Nur in seltenen Fällen kommt jemand ums Leben."

"Drachen und Menschen kämpfen?!"

Ivren lachte düster. "Seltene Fälle. Wenn jemand beschließt, besonders dumm zu sein. Nun, manchmal ist ein Drache einfach ein menschenfressender Arsch, aber darum kümmern sich Steorra und Eous."

"Wer ist Eous?"

"Vater!", zischte Nainar. Einen Moment lang flackerte ein lebhaftes Bild in ihren Köpfen auf: Ein Ozean aus silbernen Wellen, plötzlich scharfe weiße Zähne, die das Wasser spalteten, schwarz, blau und gold, weißer Schaum.

"Er ist, äh, beeindruckend."

Ivren gluckste. "Ich muss fragen, ob Arya dir gesagt hat ob sie möchte, dass Firnens Name bekannt wird?"

"Ich muss es den Anführeren der Varden sagen." Der junge Mann seufzte und blickte zur Seite. "Und?"

"Elfen und Menschen haben jetzt einen Drachenreiter. Den Zwergen wird das nicht gefallen. Und Surda auch."

"Sie sollten froh sein, überhaupt noch einen zu haben. Aber ich verstehe die Probleme, die entstehen könnten. Vielleicht sollte man alle daran erinnern, dass der Orden der Drachenreiter neutral sein sollte?"

Eragon nickte. "Aber wir sind überhaupt nicht neutral. Arya ist eine Prinzessin, ich habe Nasuada einen Treueid geschworne." Sein Blick wurde distanziert. Sprach er ,it Saphira? Ivren hatte seinen Geist für alles außer Nainars schwacher Berührung verschlossen. "Natürlich."

Ivren stand auf und schüttelte den Sand aus seiner Hose. "Wir sollten uns bald ausruhen. Kennt einer von euch den Weg nach - Aberon?" Er brauchte eine Sekunde, um sich an den Namen zu erinnern. Das war die Hauptstadt von Surda. Surda, Aberon, Orrin. Das musste er sich merken.

"Nein." "Nein."

"Ich werde vorausfliegen und den Himmelspfad am Rande von Hitze-Sand-Einsamkeit-Hadarac suchen."

Ivren brauchte nach Nainars Grund nicht zu fragen. Er brauchte viel mehr Wasser und Beute als Saphira, auch wenn Drachen lange Zeit ohne Wasser auskommen konnten. Auf diese Weise war es angenehmer. Beinahe hätte Ivren darum gebeten, ihn zu begleiten, um dieser Hitze zu entfliehen, entschied sich aber dagegen. Nur für den Fall, dass etwas passierte.

"Gehst du mit ihm?", fragte Eragon. Er klang zögernd, fast verletzt.

"Nein, ich werde dir in diese Schlacht folgen." Das hatte er Oromis versprochen. "Es wäre schön, die Varden mit eigenen Augen zu sehen." Für Eragon mochten sie seine Verbündeten sein, rebellische Helden und so weiter, aber für ihn konnten sie eine Gefahr sein. Oh, zweifellos würden sie verlangen, dass er für sie kämpft! Gerechte Narren. Kein Drache antwortet einem Meister, kein Drache antwortet auf eine Forderung. Oder besser gesagt, kein wilder Drache. Wenn sie in irgendeiner Weise versuchten, Nainar herumzukommandieren, könnte es unangenehm enden.

"Ich werde dir Nasuada vorstellen. Ich bin sicher, sie wird dir gefallen!"

Ivren lächelte. Eragon hatte ihm alles über den Versuch des Rates der Varden erzählt, ihn zu einem Eid zu zwingen, und wie er sie ausgetrickst hatte, indem er Nasuada einen Eid schwor. Es würde gut sein, seine Herrin zu kennen.

Doch bevor sie weiterreisen würden, nutzte Ivren die Gelegenheit, Eous' Eldunari von Nainar zu nehmen. In der kommenden Schlacht würde es eine große Hilfe sein. Es war einfach, Eragon und Saphira dazu zu bringen, sie in Ruhe zu lassen, nicht mehr als ein kurzer Vorschlag und sie hatten es verstehen. Natürlich taten sie das. Das brachte ihn zum Lächeln.

"Du bleibst bei den zerbrechlichen Menschen, Bruder-Freund", brummte der Drache, "ich habe keinen Jagd-Gefährten."

Ivren kletterte in Nainars Umarmung. Es gab keinen sichereren Ort. Es war ein wenig schwierig, Drachen ohne Schwanz und Flügel Gefühle zu zeigen, aber er hatte seine Mittel und Wege. Heißer Atem kitzelte sein Haar. Er streichelte die nächstgelegenen Schuppen und lehnte sich zurück. Die Wärme seines Körpers drang in seinen eigenen ein, entspannte seine Muskeln und alle Anspannung verschwand.

"Nur noch ein Weilchen. Wenn Galbatorix in dieser Schlacht kämpft, dann kämpfe ich auch." Ein Zittern ging durch Nainars Körper. "Gemeinsam Jagd auf den Verräter-unserer-Art machen?"

"Du wirst es merken, wenn er auftaucht, denke ich." Er knurrte, tief und dunkel. Die schmale Linie die sie trennte schmolz. Der Geschmack von Blut lag schwer auf seiner Zunge. "Es wäre der perfekte Hinterhalt."

"Nun erzähl mir, Bruder-Freund, von dem Gefährten , den du gefunden hast ..."